Erik Schreyer im Interview: „Mein Ziel war es schon immer einen Titel zu gewinnen“



Als er mit 29 Jahren Chefcoach des Post SV Mühlhausen wurde, war er einer der jüngsten TTBL-Trainer. Mittlerweile ist der 33-Jährige seit vier Jahren dabei und beim Post SV nicht nur auf der Cheftrainerposition der TTBL-Mannschaft nicht mehr wegzudenken. Dennoch verrät er uns, dass er unter bestimmten Voraussetzungen auch woanders als Coach aufschlagen würde. Zu diesem und vielen anderen Themen hat Erik Schreyer unserem Redakteur Johannes Gohlke während des Top48-Turnier der Jugend18 einiges erzählt, wie ihr in den folgenden Zeilen lesen könnt:

Hallo Erik, du als Coach des SV Post Mühlhausen kannst aktuell wohl nicht unzufrieden sein mit dem Saisonverlauf. Im Pokal seid ihr gerade ins Halbfinale eingezogen und in der Liga seid ihr mit 8:8 Punkten, nach einem 0:8 Start, nur zwei Punkte hinter dem vierten Play-Off-Platz platziert.
Sind die Play-Offs euer Ziel?


Das Wort Play-Offs ist bei uns in Mühlhausen aktuell verpönt. Man muss ja sehen, dass sich die Liga wieder verstärkt hat und jetzt auch Mannschaften wie Grenzau und Bad Homburg für die meisten Teams sehr gefährlich sind. Nach unserem 0:8 Saisonstart, der natürlich auch mit unserem schweren Auftaktprogramm zusammenhing, mussten wir erstmal schauen, dass wir aus der Abstiegszone kommen. Bis wir den Blick eher nach oben und nicht mehr nach unten richten müssen, fehlen uns noch ein paar Punkte.

Nach einigen Jahren ohne Veränderung im Team, habt ihr euch zu dieser Saison mit Irvin Bertrand verjüngt. Wie seid ihr auf Irvin aufmerksam geworden und was hat den Ausschlag für ihn gegeben?

Unser Team war natürlich extrem eingespielt und es fiel uns enorm schwer uns von Lubomir Jancarik zu trennen, doch unser Ziel war es, uns zu verjüngen und wenn ich mir die ersten Monate von Irvin bei uns anschaue, haben wir mit ihm alles richtig gemacht. Er hat sofort frischen Wind ins Team reingebracht, sich ganz toll integriert und vor allem im Doppel mit verschiedenen Partnern richtig klasse gespielt.
Ich bin mir sicher, es ist eine winwin-Situation, da unser Umfeld Spieler auch beflügeln und zu Höchstleistungen treiben kann, das wird Irvin sicherlich auch viel helfen.
Zum Verlauf des Transfers kann ich so viel sagen, dass Irvin gemeinsam mit einigen anderen jungen Spielern schon lange bei mir auf der Liste stand. Er hat in seinen bisherigen Vereinen in Deutschland nur positives Feedback bekommen und bei uns im Probetraining sofort überzeugt.

Plant ihr nun langfristig eine kontinuierliche Verjüngung oder möchtet ihr an dem aktuellen Team, dass ja von den Zuschauern richtig toll angenommen wird und ein Teil der Post-SV-Familie ist, noch länger festzuhalten?

Eine weitere Verjüngung planen wir aktuell nicht. Ich denke unsere Jungs haben in den letzten Jahren immer abgeliefert und die Erwartungen meist übertroffen. Wie du auch schon richtig sagst, sind sie außerdem ein Teil unserer Familie und deshalb ist es natürlich besonders schwer sich ohne ersichtlichen sportlichen Grund von ihnen zu trennen. Wir haben so ein großes Vertrauen in jeden einzelnen Spieler und wissen genau welches Potenzial in unseren Spielern steckt, dass wir selbst nach dem schlechten Saisonstart keinerlei Zweifel hatten an dem Team, sondern mit einer positiven Stimmung in die aktuelle Serie von sechs Siegen aus sechs Spielen (vier in der Liga, zwei im Pokal) starten konnten. Es ist auch kein Zufall, dass wir seit so vielen Jahren konstant gut in der TTBL mitmischen. Wir können uns auf unsere erfahrenen Spieler verlassen, wissen, dass sie ihren Körper kennen und für die Matches meist topfit sind. Das sind alles solche Pluspunkte, die uns aktuell als Trainer und Management sagen, es gibt keinen Grund jemand auszuwechseln.
Sollte uns aber jemand interessantes, gern auch jüngeres, angeboten werden der super in unser Team und Umfeld hineinpassen würde, werden wir sicherlich auch damit beschäftigen.

Das klingt nach einer tollen langfristigen Ausrichtung. Also plant ihr mit dem aktuellen Team auch in die kommende Saison zu gehen?

Bei Irvin Bertrand und Steffen Mengel laufen die Verträge zwar aus, doch wir stecken mitten in den Gesprächen, die bisher auch positiv verlaufen.

Ihr seid in dieser Saison nach 2017 zum zweiten Mal ins Final4 eingezogen. Mit welcher Zielstellung fahrt ihr nach Neu-Ulm?

Wir waren wirklich heiß wie Frittenfett auf den Einzug ins Final4 und hatten etwas Glück mit der Auslosung. Für das Final4 selbst haben wir uns nichts besonderes vorgenommen.
Wir spielen im Halbfinale gegen den 1. FC Saarbrücken. Gegen die haben wir in der ganzen TTBL-Geschichte noch nie gewonnen und gehen somit als klarer Underdog ins Spiel. Wir wissen aber auch, dass ein Spieler wie Daniel Habesohn jeden TTBL-Spieler schlagen kann und werden ganz sicher nicht mit weißer Flagge ins Match gehen. So richtig schlecht ausgesehen haben wir bisher auch nur in Saarbrücken, bei den Heimspielen hatten wir sie schon öfters auf dem Schläger. Wer weiß wie es auf neutralen Boden aussieht!?

Während du am Wochenende dein Team gegen die besten Spieler Europas und der Welt coachst, arbeitest du unter der Woche mit jungen Talenten aus deinem Verein und dem Landeskader Thüringens zusammen. Wie sieht deine Arbeitswoche aus?

Genau, ich bin fest angestellt beim Post SV und kümmere mich dort natürlich nicht nur um die TTBL-Mannschaft, die ja meist nur am Wochenende vor Ort ist. Wir sind ein großer Verein, haben 70 Nachwuchsspieler bei uns, die in verschiedenen Leistungsgruppen trainieren und haben durch unsere vereinseigene Halle auch rund um die Uhr die Möglichkeit mit ihnen zu trainieren. Zu finden bin ich auch immer wieder in Schul-AG´s, die ich betreue. Ich habe aber in der Woche natürlich auch einiges zu tun: Die Organisation der Bundesligaspiele inklusive Übernachtungen, Sponsorengespräche, Marketing und die Vorstandsarbeit.
Zudem spiele ich ja noch selber in der 2. Mannschaft, mit der wir das Ziel haben in den nächsten Jahren wieder hochzugehen, um mit Ivo Quett eines der größten Talente Ostdeutschlands zu fördern. Mit einer 40-Stundenwoche komme ich eigentlich nie hin. Denn wenn wirklich mal kein eigenes oder TTBL-Spiel ansteht, bin ich, wie du hier siehst, mit einer Spielerin aus unserer Damen-Oberligamannschaft beim Top48-Turnier. 😉

Du hast vorhin euer Schmuckstück, die vereinseigene Halle, angesprochen. Wie groß siehst du den Vorteil für euch durch die enge Halle mit den vielen Zuschauern, die ja auch nur durch eine Ausnahmeregelung als TTBL-Spielort zugelassen wurde?

Der Vorteil bei einer vollen Halle ist natürlich enorm und für mich bei 300 – 400 Zuschauern jedes Mal wieder ein Gänsehautmoment. Die Zuschauer peitschen uns nach vorne und sind dabei so nah dran wie kaum bei einem anderen TTBL-Klub. Grundsätzlich entspricht unsere Halle auch den TTBL-Standards. In der Boxengröße fehlen lediglich wenige Zentimeter und bei den Zuschauern fehlen einige Sitzplätze, die wir mit Stehplätzen kompensieren. Nachdem unsere Halle vor dem TTBL-Aufstieg aber nochmal für 500.000€ saniert wurde, sollte kein Verein was zu meckern haben.


Der Zuschauerschwund nach Corona hat aber auch euch nicht verschont. Habt ihr ein Plan wie ihr möglichst bald wieder vor ausverkauften Rängen spielen könnt?

Ja, das hätten wir und viele andere so nicht erwartet. Ich hatte gedacht gerade nach der langen Pause sind die Zuschauer wieder heiß darauf die Atmosphäre in unserer Halle zu spüren. Auch die anderen Zuschauermagneten wie Düsseldorf und Bad Königshofen haben zu kämpfen und auch im Fußball ist ein Rückgang spürbar.
Ich kann für uns sagen, dass wir jetzt nochmal richtig in der Werbetrommel rühren und versuchen, möglichst viele Fans wieder zurück in die Halle zu holen. Ich denke, dass sich viele einfach auch noch unsicher sind und gar nicht wissen, unter welchen Voraussetzungen sie zurück in die Halle dürfen.

Du selbst bis ja als Spieler zum Post SV gekommen. Wie kam es dazu, dass du vom Spieler zum Coach der 1. Mannschaft der 1. Mannschaft wurdest?

Das hat sich so mit der Zeit angebahnt. Als wir damals von der 2. in die 1. Liga aufgestiegen sind, war klar, dass mein Niveau für die 1. Mannschaft nicht mehr ausreicht. Direkt TTBL-Trainer wurde ich dann allerdings nicht, sondern der Verein hat mir angeboten, als Trainer die Nachwuchs-Leistungsgruppe zu übernehmen und so hat sich das dann von Jahr zu Jahr gesteigert und nachdem ich einige Jahre Co-Trainer des TTBL-Teams war und meine A-Lizenz gemacht hatte, wurde ich plötzlich mit 29 Jahren zum Coach der TTBL-Mannschaft befördert.

Mit dem Post SV rangierst du seit vielen Jahren im Mittelfeld der TTBL.
Hast du dir als Trainer noch Ziele gesetzt und würdest du den Verein evtl. für höhere Aufgaben auch verlassen?


Ich habe mir zum Anfang meiner Trainerkarriere gesagt: Als Spieler habe ich es nicht bis ganz oben geschafft, als Trainer möchte ich es schaffen.
Ich denke, ich habe es mit meinem langjährigen Engagement als TTBL-Coach schon weit geschafft, doch natürlich möchte ich mich auch weiterhin noch weiterentwickeln, um das Team immer besser zu begleiten und betreuen.
Mein Ziel war es schon immer einen Titel zu gewinnen. Ich denke, das kann ich auch mit dem Post SV schaffen, auch wenn es natürlich enorm schwer ist. Der Region und dem Verein würde ich es aber extrem gönnen.
Sollte ich irgendwann das Gefühl haben, dass ich als Trainer einen neuen Reiz oder neue Herausforderungen brauche und zeitgleich ein extrem attraktives und passendes Angebot da ist, kann es aber auch durchaus sein, dass ich den Verein wechsle.

So sehr das Wort Play-Offs bei euch verpönt ist, hört man jetzt aber doch heraus, dass du/ihr durchaus gern dort mitmischen würdet!?

Ja klar, wenn man sich das nicht als Ziel setzen würde, müssten wir das ganze hier ja auch gar nicht machen. Aber gerade nach der schwierigen letzten Saison müssen wir in der Zielstellung erstmal kleine Brötchen backen. Und so ein direkt ausgesprochenes Ziel Play-Offs kann das Team natürlich auch unter einen gewissen Druck versetzen, mit dem viele nicht gut klarkommen.
Wir wollen einfach frei aufspielen, viel Leidenschaft zeigen und wenn alles passt, dann kann auch mal was Großes erreicht werden. Grünwettersbach hat es vor zwei Jahren vorgemacht. 😊

Interview: Johannes Gohlke
Bild: Christian Habel