Gert´s EM-Blog: Mit den richtigen Psychotricks zum Erfolg



Auf Schiedsrichter kann kaum eine Mannschaftssportart verzichten, so auch nicht Tischtennis. Unzählige Kilometer, viel Zeit und auch keine unerheblichen Kosten nehmen die Unparteiischen im Tischtennis auf sich. Einer von den positiv Verrückten ist Gert Selig. Der RTTVR´ler ist einer der vielen internationalen Schiedsrichter und war zuletzt bei den Paralympics aktiv, worüber er bereits auf seiner Facebookseite berichtete. Während der EM bloggt er nun auch auf unserer News-Seite:

Guten Morgen und willkommen zum Viertelfinaltag bei der EM in Cluj. Das positivste gleich zum Anfang: Beide deutsche Teams sind noch dabei und sie sind gut drauf. Sowohl von den Ergebnissen, als auch von der Stimmung, wie ich gestern in persönlichen Gesprächen feststellen konnte. Ich hatte gestern früh etwas Fracksausen, wie man so schön sagt. Ich bilde mir schon ein, in allen Spielen professionell zu arbeiten, egal wer am Tisch steht. Trotzdem ist es immer etwas Besonderes, wenn man in einer völlig anderen Funktion ist als sonst, wenn man nicht als Mitglied des Funktionsteams einer Bundesligamannschaft auf eine Spielerin dieser Mannschaft trifft, sondern als Schiedsrichter. Ich denke, dass ich es trotzdem wieder gut hinbekommen habe und die Niederlage der tschechischen Damen nicht an mir lag, aber es ist eben nicht ganz einfach das abzuschalten. Zumal man auch aufpassen muss, dass man nicht in die andere Richtung überzieht, also strenger ist, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, dass man Bekannte bevorteilt. Das geplante Thema Racket-Test muss ich leider heute auch ausfallen lassen, da ich gestern ganz kurzfristig für einen erkrankten Kollegen einspringen musste und seinen Part als Schiedsrichter zusätzlich übernahm. Ich werde aber sehen, dass wir das nachholen. Bei diesem Spiel, wo ich eingesprungen bin, bin ich das erste Mal als Schiedsrichter so richtig abgeschossen worden. Habt ihr schon mal einen TT-Ball mit über 100 km/h an den Kopf bekommen? Oder besser gesagt kurz über das Auge? Also ich musste mich erstmal kurz schütteln und brauchte 2-3 Sekunden, bis ich wieder wusste, wer den Punkt gemacht hatte. Bei einem Spiel gestern bekam ich mal wieder eine breite Palette der Psychotricks beim Tischtennis vorgeführt. Alter Hase gegen junger Heißläufer. Dass sich jemand puscht, ist ja häufig und auch gut… wir wollen ja Emotionen sehen. Wenn man das von Spielbeginn an aber nutzt um den Gegner zu provozieren, dann muss man damit rechnen, dass der alte Hase da etwas gegenzusetzen hat… zum Beispiel macht man dem Jungen dann mal eine Ansage, oder lässt ihn mal etwas öfter den Ball holen (auch von außerhalb der Box und wenn man selbst näher dran steht), damit er sich etwas abreagiert. Und schließlich zeigt man durch Leistung, dass man zwar älter, aber nicht alt ist. Ergebnis: Der erfahrene Spieler gewann nach 0:2 noch mit 3:2 und dem Jungen blieb nur eine gelbe Karte. So, dann uns allen einen schönen Tag und bis morgen.

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Text & Foto: Gert Selig