Chen Weixing neuer Teamchef der Herren-Nationalmannschaft von Österreich



Bereits beim WTT-Feeder in Düsseldorf war der Abwehrspieler als Coach aktiv und betreute den Turniersieger Robert Gardos, aber offiziell ist Chen Weixing erst seit 26. Januar im Amt. Laut ÖTTV-Präsident Wolfgang Gotschke eine Wunschlösung.

Der österreichische Verbandspräsident zeigte sich über die Verpflichtung sehr erfreut, deutete aber auch eine gewisse Unzufriedenheit rund um die Zusammenarbeit mit Vorgänger Mathias Habesohn an: „Wir sind froh, dass wir die ehemalige Nummer neun der Welt für unser Team gewinnen konnten. Chen Weixing hat als Leistungssportler bewiesen, welches Kämpferherz er hat. Ich hoffe, dass er diese Qualitäten auf das Team übertragen und auch eine gute Mischung aus Routiniers und Zukunftshoffnungen formen kann. Wir trennten uns in beiderseitigem Einvernehmen von Mathias Habesohn. Nach einer Serie von unglücklichen Teamchef-Entscheidungen erwarten wir uns nun eine längerfristige Zusammenarbeit.“

EM-MEDAILLE UND OLYMPIAQUALIFIKATION ALS ZIELE

Chen Weixing definiert seine Ziele wie folgt: „Ich hoffe zunächst auf eine EM-Medaille in München und auf die Olympia-Qualifikation des Teams für Paris 2024. Ich will das Team besser zusammenführen, mehr gemeinsame Trainings mit den Leistungsträgern Robert Gardos und Daniel Habesohn. Das wird auch helfen, Andreas Levenko sowohl sportlich, als auch mental zu formen. In Zusammenarbeit mit Qian Qianli und Zhang Jie will ich David Serdarglu, Alexander Chen und Maciej Kolodziejczyk in Richtung TOP 100 der Weltrangliste bringen.“

Zur Frage, wie Chen Weixing seine Trainerqualitäten einschätzt, antwortete er: „Ich habe in der Werner Schlager Akademie zwei Jahre lang als Trainer gearbeitet, war Nachwuchstrainer des russischen Nationalteams in Jekaterinenburg, fungierte als Betreuer in Niederösterreich und habe auch meinen Klub Stockerau gecoacht. Meine Qualität ist, dass ich einen Spieler sehe und genau weiß, woran er zu arbeiten hat und welche Übung ihn jetzt weiterbringt.“

BESTER ABWEHRSPIELER DER WELT?

Er galt lange mit als bester Abwehrspieler der Welt und musste sich um diese Auszeichnung meistens nur mit dem Vize-Weltmeister von 2003 streiten, dem Koreaner Joo Saehyuk, der damals in Paris im Finale Chen Weixings Nationalmannschaftskollegen Werner Schlager unterlag.
Chen selber nahm ab Athen 2004 an mehreren Olympischen Spielen teil, der größte Erfolg dabei war das Erreichen des Halbfinales in Peking 2008 und am Ende Platz vier. Dazu gewann er zahlreiche Medaillen bei Europameisterschaften und als Krönung dabei den Europameistertitel mit der Mannschaft 2015 in Jekaterinburg (RUS) und im Doppel 2003 in Courmayeur (ITA). Letztere sieht Chen Weixing zusammen mit seinem Viertelfinaleinzug bei der Weltmeisterschaft 2003 in Paris als seine größten Erfolge an, wo er seiner Meinung nach sein bestes Tischtennis spielte.

Chen Weixing gegen Kalinikos Kreanga im WM-Viertelfinale 2003 in Paris

Bei den Senioren-Weltmeisterschaften 2018 in Las Vegas gewann er zwei Goldmedaillen. Im Einzelfinale der Klasse Ü45 besiegte er Jörg Roßkopf, im Doppel holten die beiden Einzelfinalisten zusammen den Weltmeistertitel.

Chen Weixing, der dieses Jahr am 27. April seinen 50. Geburtstag feiern wird, kam bereits früh nach Europa, nachdem er in China als Nummer 15 der chinesischen Rangliste keine Möglichkeit sah, sich mit seinem Spielstil gegen die interne Konkurrenz durchzusetzen, so dass ihm eine internationale Karriere verwehrt geblieben wäre. In Europa konnte er diese aber in Angriff nehmen, nachdem er nach Stationen in Ungarn und Österreich in den 90-er Jahren um die Jahrtausendwende zwei Jahre in der deutschen 1. Bundesliga spielte und dann im Oktober 2000 die österreichische Staatsbürgerschaft erhielt.

Es folgte dann die große Zeit beim SVS Niederösterreich, mit dem Champions League Titel 2007/2008 als Highlight. Das Team war in den meisten Jahren fast identisch mit der österreichischen Nationalmannschaft, teilweise ergänzt mit Weltklassespielern wie Ma Lin, Hou Yingchao, Ryu Seung Min. Neben Werner Schlager, Stefan Fegerl, Daniel Habesohn war Chen Weixing an zahlreichen Titeln beteiligt der Erfolgsgeschichte des SVS Niederösterreich mit 14 österreichischen Mannschaftsmeisterschaften in Folge und ebenfalls ohne Unterbrechung 13 European Superleague Siegen.
Im weiteren Verlauf wechselte Chen Weixing in die starke polnische Liga zu KST Energa-Manekin Torun und dann zurück nach Österreich nach Stockerau, wo er bis zu dieser Saison noch aktiv war.

KARRIEREENDE ALS PROFISPIELER

Dieser Spielertätigkeit möchte er zukünftig ruhen lassen, auch wenn ihm das schwer fällt: „Es tut mir weh, dass ich jetzt als aktiver Bundesliga-Spieler bei Stockerau aufhören muss. Aber es geht nicht um mich, sondern um das Nationalteam, das nach 2018 wieder EM-Medaillen gewinnen soll.“

Mit Medaillen und Titeln kennt sich Chen Weixing bekanntlich aus. Dazu kommt der enorme Erfahrungsschatz von mehr als drei Jahrzehnten als Profispieler, der bestens mit chinesischer Trainingslehre, aber auch mit den Bedingungen in Europa vertraut ist. Nach der goldenen Generation mit Werner Schlager, Robert Gardos, Stefan Fegerl, Daniel Habesohn und Chen Weixing, ist es nun an der Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen.

Text: TT-NEWS Redaktion
Foto: courtesy by ITTF