TTCLM: Saarbrücken ringt Orenburg nieder – deutsches Traumfinale Düsseldorf vs. FCS am Freitag



Die abendlichen deutsch-russischen Halbfinalduelle in der Königsklassen-Bubble endeten zugunsten der TTBL-Teams Saarbrücken (3:1 gegen Orenburg) und Düsseldorf (3:2 gegen UMMC), wobei zumindest der gar nicht so knappe Saarbrücker Erfolg gegen Orenburg als faustdicke Überraschung gelten darf. Es kommt also zum deutschen Finale – ein Jammer, dass keine Fans dabei sein dürfen, wenn am Freitagabend eines der großen Highlights in der Geschichte des deutschen Mannschaftstischtennis über die Bühne geht. Es ist insgesamt erst das zweite deutsche Finale seit der Einführung der Champions League 1998/99. Düsseldorf war damals wie heute dabei. 2008/09 feierten die Landeshauptstädter den Titelgewinn nach einem Erfolg über die TTF Liebherr Ochsenhausen. 

Der topgesetzte Turnierfavorit Fakel Gazprom Orenburg ist ausgeschieden. Der amtierende Deutsche Meister 1. FC Saarbrücken-TT, der in der Bundesliga bereits vier Partien verloren hat (so viel zur Qualität der TTBL!), hat am Donnerstagabend die „Übermannschaft“ der letzten Jahre niedergerungen und Ovtcharov und Co. im Halbfinale der Champions-League-Bubble mit 3:1 bezwungen. Der größte internationale Erfolg der Saarländer, wohl höher zu bewerten als der Gewinn des ETTU-Cups vor sechs Jahren.

Bei Orenburg wurde der Ex-Bundesligaspieler Marcos Freitas zur tragischen Figur – der Portugiese unterlag sowohl Patrick Franziska als auch Shang Kun im Entscheidungssatz (3:6 gegen „Franz“, 4:6 gegen Shang). Überhaupt darf man den Linkshänder aus China getrost als Saarbrückens Matchwinner bezeichnen, der mit einem 3:1 über Orenburgs weißrussische Tischtennis-Ikone Vladimir Samsonov Orenburg im zweiten Match einen empfindlichen Dämpfer versetzt hatte – nach engem Beginn hatte „Vladi“ in den Sätzen drei und vier überhaupt kein Mittel mehr und war regelrecht untergegangen. Zwar keimte zwischenzeitlich etwas Hoffnung beim Titelverteidiger aus der Saison 2018/19 – in der letzten Spielzeit war der Wettbewerb wegen Covid-19 nicht zu Ende gebracht worden – auf, als Dimitrij Ovtcharov Darko Jorgic mit 3:1 besiegt hatte, doch es folgte der zweite große Auftritt von Shang Kun und dem alles entscheidenden 3:2 über Freitas. Hinterher ist man natürlich immer klüger, doch es dürfte ein gravierender Fehler des Orenburger Trainers gewesen sein, Ovtcharov nicht als „Einser“ aufgestellt und stattdessen Freitas auf Position drei gesetzt zu haben. Zwar war „Dima“ angeschlagen ins Turnier gegangen, doch in einem Halbfinale ist kein Platz für taktische Spielchen – da muss man auch mal etwas riskieren, um erfolgreich zu sein. Den Saarländern konnte das egal sein, sie sind nach einer Klasseleistung verdient zum allerersten Mal in ein Champions-League-Finale eingezogen.

„Wir sind unfassbar glücklich“, sagte Patrick Franziska. „Unser guter Start war ausschlaggebend für unseren Sieg. Shang Kun war toll heute. Obwohl Samsonov stark aufgespielt hat, war er einfach schneller und hat sich besser bewegt.“ 

Düsseldorf hält UMMC auf Distanz

Im ersten Match des Abends war der an zwei gesetzte „Platzhirsch“ Borussia Düsseldorf erfolgreich und warf mit 3:2 den anderen russischen Topklub UMMC Jekaterinburg aus dem Rennen. Eine unglückliche Figur beim UMMC machte der Ex-Maberzeller Tomislav Pucar, dem überhaupt nichts gelang und der gegen Timo Boll und Kristian Karlsson glasklare Niederlagen hinnehmen musste. Das konnte auch der glänzend aufgelegte Jonathan Groth, früher ebenfalls in Fulda unter Vertrag, nicht herausreißen, der dieselben Gegner bezwang, Karlsson deutlich und Boll, der im vierten Satz dicht vor dem Matchgewinn gestanden hatte (19:21!) mit 6:0 im Entscheidungsdurchgang. Anton Källberg gewann das Duell der „Dreier“ gegen Liam Pitchford in fünf Sätzen.

„Ich bin eher erleichtert als dass ich die pure Freude verspüre“, sagte Timo Boll nach dem Erfolg seines Teams. „Ich habe heute gut gespielt, und trotzdem konnte ich mein zweites Match nicht gewinnen. Wenn man Matchbälle hat und verliert, dann ist das extrem bitter. Zum Glück hat dann Kristian gewonnen und uns ins Finale gebracht.“ Bolls Fazit: „Am Ende war ausschlaggebend, dass wir alle drei gepunktet haben. In solchen Spielen muss das ganze Team auf höchstem Level spielen, um zu gewinnen. Und das hat unsere Mannschaft heute getan.“ 

Somit kommt es am morgigen Freitag um 20.30 Uhr im ARAG CenterCourt zum deutschen Traumfinale zwischen der Borussia und den Saarbrückern, dem zweiten deutsch-deutschen Königsklassen-Endspiel der Tischtennisgeschichte.

Kristian Karlsson (Archivfoto) sorgte gegen Tomislav Pucar für die Entscheidung zugunsten der Borussia.

Fakel-Gazprom Orenburg (RUS) – 1. FC Saarbrücken TT (GER) 1:3

Marcos FREITAS – Patrick FRANZISKA 2:3 (8:11, 11:5, 6:11, 11:7, 3:6)

Vladimir SAMSONOV – SHANG Kun 1:3 (12:14, 11:9, 3:11, 4:11)

Dimitrij OVTCHAROV – Darko JORGIC 3:1 (4:11, 12:10, 11:6, 11:5)

Marcos FREITAS – SHANG Kun 2:3 (7:11, 8:11, 11:1, 11:5, 4:6)

TTSC „UMMC“ (RUS) – Borussia Düsseldorf (GER) 2:3

Jonathan GROTH – Kristian KARLSSON 3:0 (11:8, 11:8, 11:3)

Tomislav PUCAR – Timo BOLL 0:3 (6:11, 8:11, 6:11)

Liam PITCHFORD – Anton KALLBERG 2:3 (12:10, 7:11, 5:11, 13:11, 3:6)

Jonathan GROTH – Timo BOLL 3:2 (11:5, 10:12, 6:11, 21:19, 6:0)

Tomislav PUCAR – Kristian KARLSSON 0:3 (9:11, 9:11, 2:11)

Spielplan und Ergebnisse auf der Webseite der ETTU

Beitragsbild oben: Shang Kun war der überragende Mann des FCS bei der TTCLM-Sensation gegen Orenburg.

Text & Fotos (2): Dr. Stephan Roscher