Der zweite Hauptrundentag der Australian Open war kein guter Tag für die Topgesetzten. Patrick Franziska sorgte für den ersten Paukenschlag und besiegte im Achtelfinale Fan Zhendong in sechs Sätzen. Bei den Damen warf Kasumi Ishikawa (Foto) sensationell Branchenführerin Chen Meng aus dem Turnier.
Der Weltranglisten-17. Franziska schien bei dem mit 332.000 Dollar dotierten Platinum-Turnier der ITTF World Tour in Geelong zunächst der erwarteten Niederlage entgegenzustreben. Die ersten beiden Durchgänge gingen relativ deutlich an den ehemaligen Weltranglisten-Ersten aus dem Reich der Mitte. Doch dann gab der Deutsche richtig Gas und Fan konnte nichts mehr entgegensetzen, so dass der auf einmal phänomenal stark spielende Saarbrücker TTBL-Profi die folgenden Durchgänge recht klar gewann und sein 4:2-Erfolg (8:11, 7:11, 11:4, 11:9, 11:4, 11:7) – der erste gegen einen Top-Chinesen in seiner Karriere – am Ende hochverdient war.
„Das war endlich mein erster Triumph über einen der großen Chinesen. Ich bin megahappy über den Sieg, aber auch immer noch etwas sprachlos“, freute sich der laut Weltrangliste drittbeste DTTB-Spieler. „Ich hatte bei den German Open 2017 in Magdeburg schon einmal gegen ihn gespielt. Damals, ebenso wie heute in den beiden ersten Sätzen, habe ich versucht, mein Spiel über seine Vorhand aufzubauen, doch die ist sehr unangenehm für mich.“ Doch dann änderte „Franz“ seine Taktik – mit Erfolg: „Bei 0:2 dachte ich mir, ich riskiere es und spiele ihn über seine starke Seite, die Rückhand, an, denn meine ist ja auch sehr gut. Das war heute die Wende ihm Spiel – ich habe sicherlich eines meiner bislang besten Matches überhaupt gespielt.“
Da ließ sich für den Odenwälder auch das vorausgegangene Viertelfinal-Aus im Doppel an der Seite von Ricardo Walther gut verkraften. Gegen die topgesetzten Koreaner Jeoung Youngsik/Lee Sangsu hatte man beim 0:3 seine durchaus vorhandenen Chancen nicht nutzen können.
Franziskas Gegner in der Runde der besten Acht ist am Samstag Vizeweltmeister Mattias Falck, 4:3-Sieger gegen Jang Woojin. In der Form vom Fan-Match ist der 26-jährige Bensheimer gewiss nicht chancenlos.
Ein Duell mit zahlreichen hochklassigen Ballwechseln lieferten sich Dimitrij Ovtcharov und Ma Long, in dem der Weltranglisten-Elfte das 7:11, 13:15, 7:11 und 9:11 gegen den dreimaligen Weltmeister trotz guter Chancen in den Sätzen eins, zwei und vier nicht verhindern konnte. Ovtcharov war mit seiner Leistung nicht unzufrieden, haderte aber mit einigen nicht genutzten Gelegenheiten, das Match eventuell in eine andere Richtung zu lenken. „Ich habe gut gespielt, aber leider meine Chancen im ersten Satz bei 6:3- und im zweiten Satz bei 10:7-Führung nicht genutzt. Daran gilt es mehr den je zu arbeiten, denn das ist mir in letzter Zeit oft passiert.“
Im Viertelfinale stehen dagegen Hugo Calderano (4:2 gegen Marcos Freitas), Xu Xin (4:0 gegen Lin Yun-Ju), Wang Chuqin (4:0 gegen Liam Pitchford), Liang Jingkun (4:1 gegen Jonathan Groth) und Lin Gaoyuan (4:3 gegen Lee Sangsu). Am Samstag treffen Ma Long und Lin Gaoyuan sowie Wang Chuqin und Liang Jingkun aufeinander. Ochsenhausens Brasilianer Hugo Calderano bekommt es mit dem Weltranglisten-Ersten Xu Xin zu tun – ein Spiel, in dem er eigentlich nur etwas gewinnen kann.
Sensation durch Kasumi Ishikawa
Die Damen – ab dem Achtelfinale waren nur noch Asiatinnen im Wettbewerb vertreten – sind ihrer Zeit mal wieder voraus und haben bereits die Viertelfinal-Partien gespielt. Und auch dort gab es am Freitag eine richtige Sensation zu bestaunen: Die Weltranglisten-Erste Cheng Meng unterlag der Sechsten Kasumi Ishikawa, die normal nichts gegen Top-Chinesinnen reißt, nach zwischenzeitlicher 3:1-Satzführung mit 3:4 (11:6, 11:6, 11:13, 11:6, 8:11, 5:11, 5:11).
Im Halbfinale trifft Ishikawa am Samstagfrüh auf die 18-jährige Chinesin Sun Yingsha. Und die ist momentan richtig gut drauf und ließ in der Runde der besten Acht ihrer Landsfrau Sun Mingyang beim 4:1 keine Chance. Um kurz zu illustrieren, wie stark Sun Yingsha gerade ist, sei erwähnt, dass sie schon in der 1. Hauptrunde auf Wang Manyu traf und die Mitfavoritin auf den Titel klar beherrschte (4:1). Im Viertelfinale stand Sun der Japanerin Shiho Matsudaira gegenüber, die in der Saison 2017/18 noch erfolgreich für den ttc berlin eastside in der 1. Bundesliga Damen aufgeschlagen hat. Das Ergebnis: 11:2, 11:2, 11:6, 11:5. Man sollte dazu noch wissen, dass Matsudaira in der Runde zuvor mit Bernadette Szocs die in der Weltrangliste bestplatzierte Europäerin in sieben dramatischen Sätzen aus dem Turnier geworfen hatte.
Im anderen Halbfinale trifft Ding Ning auf Mima Ito. Die Olympiasiegerin aus China besiegte im Viertelfinale ihre Landsfrau Zhang Qiang (4:1), während sich die Weltranglisten-Siebte aus Japan mit ihrem sicheren Block- und Konterspiel in sechs Durchgängen gegen die Chinesin Li Jiayi durchsetzen konnte. Die 25-jährige Li steht aufgrund eher spärlicher internationaler Einsätze zwar nur auf Platz 139 der Weltrangliste, hatte aber in den Runden zuvor starken Spielerinnen wie der Japanerin Saki Shibata (4:0) und der chinesischstämmige Südkoreanerin Jeon Jihee (4:1) keine Chance gelassen. Und in den „Preliminaries“ hatte sie die Japanerinnen Hina Hayata (4:2) und Maki Shiomi (4:0), auch alles andere als „Fallobst“, ausgeschaltet.
Die Ergebnisse der Deutschen am Freitag
Herren-Einzel
Achtelfinale
Patrick Franziska – Fan Zhendong CHN 4:2 (-8,-7,4,9,4,7)
Dimitrij Ovtcharov – Ma Long CHN 0:4 (-7,-13,-7,-9)
Herren-Doppel
Viertelfinale
Patrick Franziska/Ricardo Walther – Jeoung Youngsik/Lee Sangsu KOR 0:3 (-11,-7,-10)
Australian Open 2019 auf der Webseite der ITTF
Text: Dr. Stephan Roscher
Fotos (2): ITTF