Nach einer starken ersten Punktrunde in der Eliteliga – man muss sehr lange zurückblicken, um einen Aufsteiger zu finden, der im Oberhaus auf Anhieb mit positivem Punktekonto glänzte –, geht es nun für den TSV Langstadt ans Eingemachte. Alles oder nichts – so lautet die Devise in den Play-offs.
Solja und Co. hätten gerne alles. Sie möchten als Krönung einer bisher rundum gelungenen Saison in die Halbfinal-Serie einziehen, wo dann allerdings das Aus wahrscheinlich wäre – als Gegner wartet der als Ligaprimus direkt für die Runde der besten vier qualifizierte dreimalige Triple-Sieger und Meisterschaftsfavorit ttc berlin eastside. Doch so weit denkt man in Langstadt noch nicht.
Einstweilen ist man voll und ganz auf den Viertelfinalgegner Bingen/Münster-Sarmsheim, Vierter der Abschlusstabelle, fokussiert, gegen den man sich am Freitag in heimischer Halle (18.30 Uhr) eine günstige Ausgangsposition für das bereits zwei Tage später in Bingerbrück angesetzte Rückspiel (Sonntag, 14 Uhr) sichern möchte. Also einen Sieg, damit der Druck auf den Gegner im zweiten Spiel entsprechend groß ist. In der Liga war man mit dem Tabellennachbarn auf Augenhöhe – es kam beide Male zu Punkteteilungen nach rassigen, hoch spannenden Duellen. Ein ähnlicher Krimi könnte die Fans auch am Freitag in der Eckehard-Colmar-Halle erwarten.
Der Modus sieht zunächst ein Heim- sowie ein Auswärtsspiel vor. Ins Halbfinale gelangt derjenige, der beide Begegnungen gewinnt oder einen Sieg und ein Remis verbucht. Sollte aber jeder der Kontrahenten ein Spiel gewinnen, käme es zu einer dritten, entscheidenden Partie. Da Bingen in der Saison besser platziert war, würde das Entscheidungsspiel wiederum in Rheinhessen stattfinden. Termin wäre der Gründonnerstag, also der 18. April.
Zunächst gilt die volle Konzentration dem Heimspiel, bei dem die Verantwortlichen des TSV wieder auf großen Zuschauerzuspruch hoffen. „Der Termin am Freitagabend ist leider etwas ungünstig, zumal noch in fast allen Spielklassen der Spielbetrieb läuft und viele Aktive noch im Einsatz sind“, so die Vereinsvorsitzende Christa Erbes. Dennoch lässt die Anzahl der Kartenvorbestellungen darauf hoffen, dass die Langstädter Halle mit rund 300 Fans voll sein wird – bekanntlich zieht der TSV mit Abstand die meisten Zuschauer im Oberhaus an. In der Runde waren es im Schnitt 261, gefolgt von Kolbermoor (166) und Bingen (152).
Sportlich scheint alles möglich. In den bisherigen Duellen hatte Langstadt Vorteile im oberen Paarkreuz. Petrissa Solja und Cheng Hsien-Tzu verloren noch kein Einzel gegen Bingen. Allerdings hatte Solja – Ligabilanz 16:2 – im Rückspiel gegen Lily Zhang schwer zu kämpfen. Die Rheinhessinnen waren dagegen hinten besser, wenngleich eine starke Janina Kämmerer in der zweiten Begegnung Akzente setzen konnte. Dafür ging beim letzten Aufeinandertreffen die an Position zwei aufgerückte Monika Pietkiewicz leer aus. Und in den Doppeln war es pari-pari. Das lässt erahnen, dass die Chancen im Play-off-Duell auch als absolut ausgeglichen angesehen werden dürfen.
Bingen hat eine recht ausgeglichene, altersmäßig überaus homogene Truppe – alle Spielerinnen sind 21 oder 22 Jahre alt – am Start. Der Kader besteht aus fünf Nationalspielerinnen aus vier Nationen. Mit der US-Amerikanerin Lily Zhang verfügt man über eine gerade im offenen Spiel recht starke Nummer eins – das Spiel gegen Abwehr liegt ihr dagegen weniger, doch damit können die TSV-Asse nicht dienen. Ihr folgen die DTTB-Nationalspielerinnen Chantal Mantz und Yuan Wan an den Positionen zwei und drei. Die Französin Marie Migot sowie die Italienerin Giorgia Piccolin, beide mit positiven Bilanzen notiert, runden das Team ab.
Mit der auch international vielfach erprobten Formation Mantz/Wan verfügt Bingen über ein Topdoppel, das in der Vorrunde auch das Langstädter Spitzen-Duo Solja/Cheng besiegte und eine starke 11:2-Bilanz verbuchte. Und die Doppel könnten wichtig werden. „Es wird sicher auch darauf ankommen, wie wir die Doppel treffen“, ist Langstadts Coach Thomas Hauke überzeugt. „Bei den zu erwartenden ausgeglichenen Einzeln kommt dem Doppel eine hohe Bedeutung zu.“
Der Sportliche Leiter Manfred Kämmerer äußert sich im Vorfeld vorsichtig optimistisch: „Wir erwarten Bingen natürlich in absoluter Bestbesetzung. Unser Team wird aber sicher voll dagegen halten und versuchen, die tolle Saison mit einem Erfolg in der ersten Play-off-Runde zu krönen.“ Wie üblich lässt Langstadt die Aufstellung offen – es steht jedoch zu erwarten, dass der TSV ebenfalls mit „voller Kapelle“ an die Tische gehen wird.
Auch Bingens Vorsitzender Joachim Lautebach geht von einer echten Herausforderung für sein junges Team aus: „Gegen Langstadt haben wir in der Runde zweimal 5:5 gespielt. Das werden wieder interessante Spiele, zu denen sicher recht viele Zuschauer kommen werden. Natürlich wollen wir alles versuchen, die Halbfinals zu erreichen.“
Wer auch immer am Ende jubeln darf, auf dem Weg dorthin könnte es äußerst spannend werden.
Im anderen Viertelfinal-Duell messen sich der Liga-Dritte TuS Bad Driburg und der Sechste TTK Anröchte. Teil eins des Ostwestfalen-Derbys steigt am Freitagabend (19 Uhr) in Bad Driburg, Teil zwei am Sonntag (14.30 Uhr) in Anröchte beziehungsweise im nahen Erwitte, wohin der TTK ausweichen muss, da seine etatmäßige Halle gerade renoviert wird.
Text & Fotos (2): Dr. Stephan Roscher