Sa., 3. Mai 2025
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ITTF WORLD TOUR: DTTB vs. Asien – Highlights der 48. German Open

Auch wenn Tischtennis-Wunderland China weitestgehend eine 1B- bis 1C-Auswahl in Deutschlands Hauptstadt schickte – 1A-Mann Zhang Jike verabschiedete sich im Viertelfinale nach einem völlig uninspirierten Auftritt gegen Jugend-Weltmeister Fan Zhendong –, waren die 48. German Open in der Berliner Max-Schmeling-Halle doch ein gutes, intensives Turnier. Starke Japaner, Koreaner und natürlich auch Deutsche ließen die meisten Wettbewerbe recht interessant verlaufen.

Und es hagelte Superlative. Insgesamt 12.500 Zuschauer, davon alleine 5.500 am Finaltag, bedeuteten eine tolle, rekordverdächtige Kulisse. Die Fans gingen prima mit und honorierten jede gelungene Aktion, nicht nur bei den DTTB-Spielern. 384 Akteure aus 49 Nationen waren am Start und bestritten insgesamt 787 Matches. 3.648 Sätze und 67.176 Punkte wurden gespielt. Das Flair einer Mini-WM war damit durchaus gegeben. Das Medieninteresse war für den oft stiefmütterlich behandelten Tischtennissport mit 120 akkreditierten Journalisten enorm.

Mit Fan Zhendong triumphierte ein 16-Jähriger, der binnen acht Tagen gleich zwei World-Tour-Titel errang – Fan hatte zuvor ja bekanntlich schon die Polish Open in Spala gewonnen.

Dass der etwas bullig wirkende Jüngling aus dem Reich der Mitte, den während des Turniers kaum einer lachen gesehen hat, im Finale den designierten deutschen Nationalhelden Dimitrij Ovtcharov zumindest phasenweise vom Tisch prügelte, ist ein kleiner Dämpfer für das deutsche und europäische Spitzentischtennis. Es zeigt nämlich, dass die beiden Topakteure Ovtcharov und Boll – die Wachablösung im deutschen Tischtennissport scheint nicht nur aufgrund des Weltranglistenplatzes und des Halbfinalergebnisses von Berlin vollzogen – nicht einfach nur nach vorne blicken und zum Angriff auf die vier im internationalen Ranking platzierten Top-Chinesen blasen können. Sie müssen nämlich auch nach hinten schauen.

China produziert ständig neue, starke Nachwuchsspieler, während dies bei uns doch überschaubar bleibt – ein Patrick Franziska alleine kann eben nicht für alles herhalten. Und aus Rest-Europa kommen zwar immer wieder Spieler nach oben, die ordentliches Bundesliganiveau verkörpern, doch für den Angriff auf die Weltspitze reicht es einfach nicht. Im Damenbereich überragte mit Nina Mittelham wenigstens eine deutsche Nachwuchsspielerin. Sie besitzt großes Potenzial, doch hinter ihr herrscht ebenfalls kein dichtes Gedränge.

Mit Wen Jia – mit zweimal Gold die Nummer eins der German Open – setzte sich eine Chinesin gut in Szene, die gegenwärtig „nur“ als Nummer 37 der Welt geführt ist. Doch wie die hoch konzentrierte Wen, die sich nach ihren Endspielen übrigens überaus locker, begeisterungsfähig und kommunikativ zeigte, im Finale eine Spielerin der erweiterten Weltspitze wie Ai Fukuhara von der Platte trommelte, war schon imponierend. Nach ihrem tatsächlichen Leistungsvermögen müsste die Dritte der Polish Open jedenfalls im internationalen Ranking wohl eher zwischen zehn und fünfzehn stehen. Die Weltrangliste lügt eben bisweilen schon. Ihre insgesamt 20.000 US-Dollar an Siegesprämien – 16.000 für den Einzelerfolg und weitere 4.000 für den Titel im Doppel – hatte sie sich fraglos verdient. Viel Geld für eine junge Chinesin, wobei man natürlich nur spekulieren kann, wie viel sie tatsächlich davon erhält und was ihr Verband einstreicht.

Erwähnenswert ist der gute dritte Rang von Han Ying, die engagiert auftritt und extrem sicher abwehrt. Sie hätte sicher auch das Finale erreichen können, zumal sie anfänglich gegen Fukuhara wie die sichere Siegerin aussah. Doch für den ganz großen Wurf, sprich wichtige internationale Titel, scheint es dem Spiel der sympathischen Passdeutschen letztlich doch an Überraschungsmomenten und Variationsmöglichkeiten zu fehlen.

Erfreulich aus deutscher Sicht und ein Highlight für die Zuschauer am Ende eines sehr intensiven Turniers war der Doppeltitel für die Test-Doppel-Kombination Boll/Franziska. Die beiden Odenwälder harmonierten prächtig und zeigten sich auf einer gemeinsamen Wellenlänge. Sie zogen im Endspiel mit viel Kampfgeist gegen die starke Taiwan-Kombination aus den beiden in Hessen bestens bekannten Chiang Hung-Chieh (ehemals Gönnern und Hanau) / Huang Sheng-Sheng (Ex-Seligenstadt) den Kopf aus der Schlinge und veranlassten das Publikum ein letztes Mal nach fünf langen Tagen zu stehenden Ovationen.

Der imaginäre Medaillenspiegel von Berlin spiegelt schon ansatzweise die internationalen Kräfteverhältnisse wider: 1. China (3 x Gold); 2. Deutschland (1 x Gold, 2 x Silber, 3 x Bronze); 3. Japan (1 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze); 4. Hongkong (1 x Gold, 1 x Bronze); 5. Südkorea (1 x Silber, 1 x Bronze). Natürlich würden die Koreaner mit ihrem gesamten spielenden Personal etwas weiter oben stehen und auch Taiwan im vorderen Bereich mitmischen. Doch an die auch in der Breite der Spitze bestens aufgestellten Japaner, die über mehr erfolgversprechende Talente als das Gastgeberland der German Open zu verfügen scheinen, würden letztere – trotz eines in Berlin ungewöhnlich blass gebliebenen Chuangs – kaum heranreichen.

 

 

Sieger und Platzierte von Berlin

Herren-Einzel
1. Fan Zhendong (CHN)
2. Dimitrij Ovtcharov (GER)
3. Vladimir Samsonov (BLR)
3. Timo Boll (GER)

Damen-Einzel
1. Wen Jia (CHN)
2. Ai Fukuhara (JPN)
3. Lee Ho Ching (HKG)
3. Han Ying (GER)

Herren-Doppel
1. Timo Boll/Patrick Franziska (GER)
2. Chiang Hung-Chieh/Huang Sheng-Sheng (TPE)
3. Kim Minseok/Seo Hyundeok (KOR)
3. Kim Donghyun/Lee Jungwoo (KOR)

Damen-Doppel
1. Wen Jia/Zhao Yan (CHN)
2. Ai Fukuhara/Misako Wakamiya (JPN)
3. Iulia Necula/Bernadette Szocs (ROU)
3. Sabine Winter/Petrissa Solja (GER)

U-21 Herren
1. Masataka Morizono (JPN)
2. Quentin Robinot (FRA)
3. Hugo Calderano (BRA)
3. Liam Pitchford (ENG)

U-21 Damen
1. Lee Ho Ching (HKG)
2. Petrissa Solja (GER)
3. Zhou Jian (SIN)
3. Yui Hamamoto (JPN)

 

Paarungen und Resultate vom Sonntag

Herren-Einzel

Halbfinale
Timo Boll GER – Dimitrij Ovtcharov GER 2:4 (-11,7,-4,9,5,9)
Fan Zhendong CHN – Vladimir Samsonov BLR 4:2 (-3,2,-4,8,9,8)

Finale
Dimitrij Ovtcharov GER – Fan Zhendong CHN 1:4 (-11,-7,6,-1,-9)

Damen-Einzel

Halbfinale
Han Ying – Ai Fukuhara JPN 3:4 (11,5,-10,-8,-6,8,-4)
Lee Ho Ching HKG – Wen Jia CHN 2:4 (-10,7,-10,9,-7,-5)

Finale
Ai Fukuhara JPN – Wen Jia CHN 0:4 (-5,-6,-7,-6)

Herren-Doppel

Finale
Timo Boll/Patrick Franziska – Chiang Hung-Chieh/Huang Sheng-Sheng TPE 3:2 (8,-7,-8,11,10)

Damen-Doppel

Finale
Ai Fukuhara/Misako Wakamiya JPN – Wen Jia/Zhao Yan CHN 2:3 (3,8,-13,-8,-7)

 

Ergebnisse und Berichte auf der World Tour Seite der ITTF

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