TTC OE Bad Homburg: Ziel TTBL „auf gesunder wirtschaftlicher Basis“



Unter den Klubnamen, die immer wieder fallen, wenn es um einen sportlichen Aufstieg von der 2. Liga in die TTBL geht, taucht der des TTC OE Bad Homburg am häufigsten auf. Wir haben u.a. mit Mirko Kupfer (Foto) gesprochen, Sportlicher Leiter und Geschäftsführer Marketing & Vertrieb des TTC OE.

Tatsächlich arbeitet der Verein aus dem Vordertaunus – der derzeitige Tabellendritte im Unterhaus ist manchem noch unter seinem früheren Namen TTC Ober-Erlenbach bekannt – seit drei Jahren kontinuierlich auf das Projekt 1. Liga hin.

„Für uns hängt alles davon ab, wie viele Sponsoren wir für das Projekt TTBL an Land  ziehen können“, so Kupfer. „Natürlich wollen wir in die TTBL, aber auf einer gesunden wirtschaftlichen Basis. Wir wollen in der starken Liga, wenn wir hochgehen, eine ordentliche Rolle spielen und nicht den Prügelknaben geben. 200.000 Euro ist in meiner Sicht ein angemessenes Budget, alles darunter wäre Unfug. So braucht man zum Beispiel einen hochkarätigen Einser – und den gibt es nicht für ein Taschengeld. Wir arbeiten weiter mit Hochdruck daran und hoffen, zur Saison 2020/21 erstklassig zu sein.“   

Man hätte unter gewissen Umständen den großen Schritt bereits zur kommenden Spielzeit gewagt und habe diesbezüglich bereits in Verhandlungen mit der TTBL Sport GmbH gestanden, wie Kupfer erklärt. „Nur war man da nicht bereit, auf kleinere Wünsche von uns einzugehen. Schade, aber nun machen wir kommende Saison eben einen erneuten Anlauf.“  

Drei Leistungsträger gehen, vier Topleute kommen  

Mit vier Neuverpflichtungen hat man eine Mannschaft zusammengestellt, die keinen Vergleich zu scheuen braucht und 2019/20 eindeutig als Favorit im Unterhaus an den Start gehen wird.   

Dazu trennt man sich sogar von langjährigen Leistungsträgern wie dem Schweden Harald Andersson, dem Ungarn Nandor Ecseki und dem Slowaken Alexander Valuch. Besonders in Bezug auf Andersson erstaunt dieser Schritt etwas, da der Skandinavier mit einer 21:8-Bilanz im Spitzenpaarkreuz drittbester Spieler der Liga ist. Doch man baut bereits eine Mannschaft, der man das Potenzial für die TTBL zutraut. „Harald wird wohl zurück nach Schweden gehen, Nandor ebenfalls, wohl nach Eslöv, und Alexander wird mit Leiselheim in Verbindung gebracht“, informiert Kupfer. Das Trio soll im Rahmen des Heimspiels gegen TuS Celle am 30.03. gebührend verabschiedet werden.   

Verlängert hat man dagegen den Vertrag mit dem 18-jährigen rumänischen Spitzenspieler Rares Sipos, gerade von der U21-EM in Portugal mit Bronze zurückgekehrt, dessen Ziel mittelfristig ohnehin nur Liga eins sein kann. Ebenso mit Eigengewächs Dominik Scheja, der als Backup und guter Doppelspieler sowie als engagierter Teamplayer auch weiter an Bord bleibt, auch wenn er natürlich nicht mit dem spielerischen Niveau seiner künftigen Teamkollegen mithalten kann. Dennoch ist er wichtig für die Mannschaft.   

Als erste Verpflichtung wurde der 21-jährige Nils Hohmeier – vom TuS Celle kommend – bekannt gegeben. Das zurzeit auf Platz 23 der U-21-Weltrangliste notierte DTTB-Talent wurde 2016 sowohl Jugend-Europameister im Doppel als auch Deutscher Jugend-Vizemeister. Auf der World Tour hat er schon den einen oder anderen Top 100-Spieler geschlagen. Er sagt klipp und klar, in welche Richtung es gehen soll. „Ich freue mich riesig – der TTC OE ist ein Verein, der mir im Moment die beste Perspektive bietet“, so Hohmeier. „Wir haben ja ein gemeinsames Ziel: Bad Homburg möchte in die TTBL. Das möchte ich auch schaffen in nächster Zeit. Und es wäre eine runde Sache, wenn wir das zusammen schaffen würden.“  

Vor wenigen Tagen wurde die Verpflichtung zweier europäischer Toptalente verkündet, die beide dem Ochsenhausener Liebherr Masters College (LMC) angehören und große Perspektiven besitzen.   

Zum 17-jährigen russischen Linkshänder Lev Katsman und dem noch ein Jahr jüngeren Polen Samuel Kulczycki („ich will eines Tages der beste Spieler der Welt sein“) braucht man nicht allzu viel zu sagen – auf den Webseiten des TTC OE sowie des LMC findet man die wichtigsten Infos. Für Katsmann, der noch bis Ende der Saison als Spitzenspieler für den Drittligisten TTC Ruhrstadt Herne aufschlägt (Bilanz: 13:5), sind die deutschen Tischtennis-Ligen kein Neuland, für Kulczycki, den manche bereits in zwei, drei Jahren auf Jakub-Dyjas-Niveau sehen, schon. Beide sind Faustpfänder für die Zukunft, Spieler, deren Weg fast zwangsläufig in eine der europäischen Topligen führt.   

Diese beiden Personalentscheidungen hängen auch mit dem Ausrüsterwechsel des TTC OE zur neuen Saison – von Butterfly zu GEWO – zusammen. Dazu der Verein selbst auf seiner Homepage: „Möglich gemacht wurden die Verpflichtungen vor allem durch die Vereinbarung mit unserem neuen Ausrüster GEWO. Wie sich einige von Euch sicherlich erinnern, hatte Brandmanager Florian Wehner im Zuge der Kooperation mit dem TTC OE angekündigt, dass „auch der ein oder andere GEWO-Spieler in der kommenden Saison in Bad Homburg aufschlagen“ wird.“ Teil der Vereinbarung mit dem neuen Ausrüster sei ohnehin der anvisierte Weg nach oben. „Gemeinsam haben wir den Aufstieg in die TTBL innerhalb von zwei, maximal drei Jahren als Ziel definiert“, so Mirko Kupfer.  

Und dann wurde auch noch eine spielstarke Nummer eins unter Vertrag genommen, eine Art Leitwolf für die extrem junge Truppe. Es handelt sich um einen Spieler von Mitte 20, der im ITTF-Ranking um Position 100 steht, aber auch schon unter den TOP 60 zu finden war. Der auf der World Tour und in seiner Nationalmannschaft häufig geforderte neue Mann wird auch nicht bloß gelegentlich seine Visitenkarte im Taunus abgeben. „Er hat uns 16 Spiele verbindlich zugesagt“, informiert Mirko Kupfer. Der künftige Spitzenspieler kann mit Katsman und Kulczycki eine Fahrgemeinschaft bilden, da auch er ständig in Ochsenhausen trainieren wird. Wir kennen den Spieler, respektieren aber den Wunsch des Vereins, den Namen erst zu nennen, wenn er offiziell als Neuzugang vorgestellt wurde. Sicher wird dies sehr bald der Fall sein. Team-Manager Johannes Herrmann gerät nicht ohne Grund ins Schwärmen: „Die beste Mannschaft des TTC OE aller Zeiten.“  

Wildcard für Ulm mit Skepsis betrachtet  

Die Wildcard der TTBL für den TTC Ebner Ulm betrachtet man in Bad Homburg eher mit gemischten Gefühlen. Zwar hält man das Erreichen der Sollstärke für sinnvoll, da sich dadurch in den kommenden Jahren wieder das sportliche Prinzip mit Auf- und Abstieg nach regulären Kriterien durchsetzen könnte. Das Projekt Jülich, das dicht vor dem Abstieg in die 3. Liga stand und dennoch mit einer kaum konkurrenzfähigen Mannschaft nach ganz oben befördert wurde, sehen viele, nicht nur beim TTC OE, eher als abschreckendes Beispiel, wie es künftig nicht mehr laufen sollte. Muss es dann auch nicht mehr. Ebensowenig können bei voller Sollstärke und fuktionierender Aufstiegs-/Abstiegs-Regelung Neueinsteiger die Bühne betreten. Ebner Ulm war dann ein einmaliger Fall.   

In Bad Homburg hält man mehr von sportlichen Lösungen als von Erstklassigkeit am grünen Tisch. Zudem fühlt man sich von der TTBL Sport GmbH nicht ganz fair behandelt, da man selbst bereits über eine Teilnahme an der Eliteliga 2019/20 in Verhandlungen stand und von der Ligaleitung wenig Entgegenkommen für die spezifischen Probleme des eigenen Vereins verspürte. Man mutmaßt, dass dies den Hintergrund haben könnte, dass der finanziell potentere Neueinsteiger aus dem Süden bereits Gewehr bei Fuß gestanden habe.   

In der TTBL selbst beziehungsweise bei ihren Vereinen denkt man überwiegend anders. Dort sieht man mehr die Chance für die Liga, wenn ein neuer Klub mit guten finanziellen Möglichkeiten und neuartigen Vermarktungs-Visionen einsteigt. Es herrscht in Bezug auf die Bad Homburger die Sichtweise eines hochrangigen Vereinsvertreters vor, der hier ausnahmsweise ohne Namensnennung zitiert wird, um kein Öl ins Feuer zu gießen: „Sie reden seit Jahren davon, aber wenn es darum geht, Nägel mit Köpfen zu machen, kommen immer wieder Einschränkungen und Vorbehalte. Wir würden die Bad Homburger gerne in der TTBL sehen und glauben, dass sie die Liga bereichern würden, nur muss es der Verein auch wirklich wollen. Ein entschiedenes Vielleicht bringt keinen weiter.“  

Letzteres möchte Manager Mirko Kupfer nicht, sondern planbare Verlässlichkeit und Nachhaltigkeit. „Wir haben ein neues Vermarktungskonzept und neue Sponsoren, weitere werden sicher dazukommen. Wir stellen derzeit die Weichen für eine Zukunft im deutschen Top-Mannschaftstischtennis. Es soll keine Eintagsfliege werden, wir wollen uns, wenn wir den Schritt machen, oben fest etablieren.“  

Auch der Unterbau soll vorankommen

Dazu wird auch am Unterbau gearbeitet. „Eigentlich wäre für einen Erstligisten eine  2. Mannschaft in der 3. Liga optimal“, so Kupfer. „Zumindest aber die Regionalliga sollte es schon werden.“ Derzeit schlägt das Ober-Erlenbacher B-Team in der Oberliga auf. Der Klassenerhalt ist noch nicht in trockenen Tüchern, jedoch ziemlich wahrscheinlich. Und danach soll sich auch auf dieser Ebene etwas tun: „Wenn der Klassenerhalt geschafft ist, wird auch die 2. Mannschaft einen guten Neuzugang bekommen“, informiert Kupfer. Und es wird Schützenhilfe von oben geben: „Nils Hohmeier und Dominik Scheja sollen jeweils sechs Einsätze in der Oberliga haben.“ Mit diesem Personal könnte man die Regionalliga durchaus ins Visier nehmen.  

Topspiel gegen den BVB am Sonntag  

In Bad Homburg möchte man nun zunächst einmal die aktuelle Saison so erfolgreich wie möglich zu Ende bringen und freut sich auf das Topspiel am Sonntag gegen Spitzenreiter BV Borussia Dortmund (14.00 Uhr, Wingert Dome). Die Schwarz-Gelben haben momentan zwei Punkte Vorsprung vor den Hessen – zwischen beiden steht noch der FSV Mainz 05 mit einem Zähler Rückstand auf den BVB. Alle drei haben noch jeweils drei Partien vor der Brust. „Gegen Dortmund erwarte ich ein tolles Spiel vor vielen Fans, wir rechnen mit mindestens 350 Zuschauern“, sagt Kupfer. „Süwag ist Hauptsponsor der Partie und wird mit diversen Aktionen dafür sorgen, dass auch viele Kids in der Halle sein werden.“ Die sportliche Marschroute ist ohnehin klar: „Wir wollen das Spiel gewinnen und die anderen beiden gegen Celle und Saarbrücken II auch.“  

Der Sportliche Leiter lässt die bisherige Runde Revue passieren: „Wir wollten so weit wie möglich oben landen, schließlich wurden wir bereits vor der Saison als Meisterschaftsfavorit gehandelt, haben dann aber dreimal gepatzt – gegen Fulda, Mainz und Neckarsulm – und hinken seitdem immer etwas hinter der Spitze her.“ Kupfer fügt hinzu: „Wenn wir am Ende Zweiter oder Dritter werden, ist es sportlich auch okay, aber wir wollen nochmal alles versuchen, um vorne anzugreifen, und werden die letzten drei Spiele in bester Aufstellung bestreiten.“  

Der TTC OE Bad Homburg hat viel vor, die Perspektiven überzeugen. Lassen wir uns überraschen, wie und mit welchem Erfolg es die Hessen anpacken, die bald in einer Liga mit Timo Boll aufschlagen könnten, den man auf seine alten Tage zu gerne noch für ein, zwei Jahre im Dress der Kurstädter sehen würde. 

 

Webseite des TTC OE Bad Homburg 

 

Text & Fotos Andersson, Hohmeier: Dr. Stephan Roscher 

Foto Kupfer: TTC OE Bad Homburg