1. BUNDESLIGA DAMEN: Kroppachs Rückzug nach der Saison zieht Kreise



Der bevorstehende Abschied lässt auch Diskussionen über die Zukunft des gesamten Damen-Tischtennissports in Deutschland aufkommen, zumindest über den Damen-Spitzensport.

Der am Samstag verkündete Rückzug des FSV Kroppach aus der Damen-Bundesliga nach der laufenden Saison, in der Sonntagsausgabe der Rhein-Zeitung erstmals vermeldet, wurde schnell zum allgemeinen Gesprächsthema. Die Entscheidung der Vereinsführung, nach zwölf überaus erfolgreichen Jahren das Handtuch zu werfen, wird kontrovers diskutiert und beschäftigt die Tischtennisszene.

Auch bei den Rivalen des Westerwälder Erfolgsklubs war eine gewisse Betroffenheit spürbar, zumal es einfach unfassbar erscheint, dass sich ein Verein ohne akute finanzielle Nöte auf der Höhe des Erfolgs aus dem Profigeschäft verabschieden möchte.

Manche vergleichen die Situation fast damit, als ob der FC Bayern München ankündigen würde, einmal noch Deutscher Fußballmeister werden zu wollen und sein Team danach vom Spielbetrieb zurückzuziehen, da man ja alles erreicht habe, was man sich einst erträumte, und die Herren Beckenbauer, Rummenigge und Hoeneß künftig nur noch Golf spielen möchten.

Der Europapokalsieger von 2003 und sechsmalige nationale Champion, der in den letzten fünf Jahren nicht von der Spitzenposition in der Bundesliga zu verdrängen war, hat das Gesicht des deutschen Damen-Tischtennis in den letzten Jahren entscheidend geprägt.

Es war zudem stets etwas Besonderes, in Erwartung eines FSV-Spiels den PKW durch die idyllische „Kroppacher Schweiz“ zu lenken und nach langer Fahrt über Landstraßen endlich vor der kleinen aber feinen Halle zu stehen, in der Tischtennisgeschichte geschrieben wurde.

Mit Jiaduo Wu, Kristin Silbereisen und jetzt auch Shan Xiaona hat man drei aktuelle DTTB-Nationalspielerinnen im Kader und verfügt zudem mit der Ungarin Krisztina Toth über eine Ikone des europäischen Tischtennissports, die gleichzeitig für viele auch die größte Sympathieträgerin des Klubs ist. Alle vier werden sich neue Aufgaben bei Topklubs suchen, zu hoffen ist, dass alle der Bundesliga erhalten bleiben.

Der Herbstmeister, der am Freitagabend vom Patzer der Damen aus Saarlouis-Fraulautern profitierte, will jedenfalls die Saison 2012/13 mit großem Ehrgeiz zu Ende spielen und sich mit dem siebten deutschen Meistertitel der Klubhistorie aus dem Oberhaus verabschieden. Es könnte eine tränenreiche Meisterschaftsfeier werden – es sei denn, der große Rivale aus dem Saarland zieht im Lauf der Rückserie doch noch an den Kroppacherinnen vorbei, was ebenfalls eine tränenreiche Angelegenheit sein dürfte.

Manager Horst Schüchen hatte den großen Knaller gegenüber der Presse begründet: „Mit dem Landessportbund hatten wir immer eine Institution im Hintergrund, die Wert auf Olympiateilnehmerinnen und Nationalakteurinnen legte. Wir hatten die Option, die Reißleine jederzeit ziehen zu können, falls uns Sponsoren abspringen. Nun sind wir froh, dass wir diesen Zeitpunkt selbst bestimmen konnten. Es ist nicht wichtig, eine Top-Mannschaft oder entsprechende Vorturner zu haben, die das finanzielle regeln. Die zahlreichen Helfer, die die Würstchen verkaufen oder die die Tribüne aufbauen, auf die kommt es an. Da sich ein Großteil dieser Unterstützer sowie wir selbst im fortgeschrittenen Alter befinden, wollten wir uns diese Anstrengungen in den nächsten Jahren nicht mehr zumuten. Wir sind selbst schmerzlich davon berührt, denn wir haben das beste Team was wir je hatten.“

Schüchen räumte ein: „Einfach war die Entscheidung auf keinen Fall, und die Emotionen kommen erst jetzt richtig hoch, nachdem wir unseren Rückzug offiziell bekannt gemacht haben. Einen richtigen Zeitpunkt für diesen Schritt gab es wohl nicht, auch die Spielerinnen traf die Verkündung, die von Hans-Jürgen Bertling, Wilfried Leicher und mir getragen wird, völlig unvorbereitet.“ Der FSV-Manager würdigte auch die Spielerinnen gebührend: „Kristin und Shan sind seit drei, Tothi seit sechs Jahren und Dudu eigentlich schon von Anfang an dabei. Unser größtes Interesse liegt nun darin, dass die Spielerinnen einen neuen, guten Verein finden, in dem sie sich so zu Hause fühlen können wie bei uns.“

Kristin Silbereisen bedauert die Rückzugs-Entscheidung: „Es ist jammerschade, dass in Kroppach im April einfach die Türen abgeschlossen werden. Es hat Riesenspaß gemacht, für den FSV Kroppach zu spielen. Strukturen, Umfeld, Fans, Mannschaft, Harmonie – dort hat einfach alles gestimmt. Ich habe ja für verschiedene Vereine gespielt, aber ich glaube nicht, dass ich so etwas noch einmal erleben werde.“ Doch bis Ende der Saison wollen Silbereisen & Co. weiter Vollgas geben: „Natürlich war es nicht einfach, nach dieser Hiobsbotschaft zur Weihnachtsfeier der Kinder im Verein zu gehen, dann am Abend in Watzenborn zu spielen und sich nichts anmerken zu lassen. Aber wir sind alle Profis und werden mit Sicherheit nicht in ein Motivationsloch fallen, obwohl es für uns in der Rückrunde sicherlich nicht leichter werden wird. Aber wir wollen uns auf jeden Fall mit einer weiteren Meisterschaft aus Kroppach verabschieden.“

 

Link: Serienmeister FSV Kroppach zieht sich aus der Frauen-Bundesliga zurück (Rhein-Zeitung v. 16.12.2012)


 

 

Siehe auch:

1. BUNDESLIGA DAMEN: Hiobsbotschaft – Kroppach zieht zurück!

DISKUSSION: Kroppach zieht zurück