Ochsenhausen schlägt Fulda auch ohne Calderano



Die junge Truppe aus Ochsenhausen hat das nach Auszählung der Bälle erfolgte unglückliche Ausscheiden im Halbfinale der Champions League am Freitag in Düsseldorf gut weggesteckt und Fulda-Maberzell im ersten Halbfinal-Play-off der TTBL mit 3:1 besiegt.

Kristijan Pejinovic fiel nach den überaus spannenden 189 Minuten ein Stein vom Herzen: „Das tut gut! Es ist für uns schon eine Genugtuung, dass wir nach dem so unglücklich gelaufenen Freitag heute eine solche Leistung vor eigenem Publikum zeigen konnten.“ Danach war man am Ende der Kräfte. „Die Köpfe sind jetzt leer, die Gliedmaßen schlaff“, so der TTF-Präsident. Die prickelnde Partie hätte mehr als 350 Zuschauer verdient gehabt, allerdings war die Besucherzahl dem wettermäßig einfach zu schönen Frühlings-Sonntag geschuldet, an dem viele den Ausflug ins Grüne dem Tischtennissport vorzogen. 

Dieser sehenswerte Auftritt gelang trotz eines großen personellen Handikaps. Hugo Calderano, bester Mann in Düsseldorf und bester TTF-Spieler in den beiden Ligaspielen gegen Fulda, musste verletzt passen. Der 21-jährige Brasilianer war zwei Tage zuvor im Match gegen Timo Boll, das er dennoch gewonnen hatte, umgeknickt und konnte wegen seines angeschwollenen Knöchels nicht in den Ring steigen.

Cheftrainer Dubravko Skoric gab Joao Geraldo, dem bis dahin in dieser Spielzeit noch nicht allzu viel gelungen war, die Chance und bewies damit einen guten Riecher, denn der 22-jährige Linkshänder nutzte sie und brachte sein Team durch einen von vielen nicht erwarteten 3:2-Sieg über den Weltranglisten-21. Ruwen Filus vorentscheidend in Front. „Joao hat heute super gespielt und nicht den Kopf verloren“, sagte Pejinovic. „Hoffentlich ist nun der Knoten bei ihm geplatzt.“

Mann des Tages war neben dem Portugiesen aber unbestreitbar Simon Gauzy, der sich für die beiden unglücklichen Niederlagen in Düsseldorf rehabilitierte und mit Wang Xi (3:2) und Filus (3:1) beide Fuldaer Defensiv-Asse bezwang.

Man muss allerdings auch sagen, dass die von den TTF gewonnenen Matches allesamt extrem eng waren. So machte Geraldo gegen Filus mit 12:10 im Entscheidungssatz den Sack zu, Gauzy siegte gegen Wang Xi mit 11:9 im fünften Durchgang – zuvor hatte er zwei Sätze jeweils mit 12:10 gewonnen. Und im letzten Match gegen Filus führte der Franzose mit 2:1 und 6:1, um wenige Minuten später mit 8:9 hinten zu liegen. Mit wirklich letzter Power schaukelte er den Satz und damit das Match sowie den TTF-Sieg nach Hause. „Ich weiß nicht, ob Simons Kraft noch für einen fünften Satz gereicht hätte“, meinte Kristijan Pejinovic unmittelbar nach dem ersten verwandelten Matchball Gauzys.

Mit etwas Pech hätte also auch ein anderes Ergebnis herauskommen können, Fulda war durchaus nicht allzu weit entfernt von etwas Zählbarem – zwar verbuchten die TTF 10:8 Sätze, Maberzell aber 183:171 Bälle, aber letztere zählten diesmal ja nicht – zum Glück für Ochsenhausen.

Einzig Jakub Dyjas zeigte sich erneut weit von seiner Bestform entfernt und unterlag Jonathan Groth mit 1:3. Natürlich ist Groth inzwischen sehr stark, aber sich die ersten beiden Sätze mit 2:11 und 3:11 überrollen zu lassen, ist schon starker Tobak. Bei Dyjas, immerhin EM-Dritter im Herren-Einzel, lief zwei Sätze lang ebensowenig zusammen wie am Freitag gegen Kristian Karlsson. Es ist schwer verständlich, da der 22-jährige Pole nach einer längeren Krise in den letzten Wochen zurückgekommen war und gute Spieler geschlagen hatte. Zuletzt hatte er bei den German Open – mit einer ganz anderen Körpersprache als am Freitag und Sonntag – Fang Bo besiegt und war knapp an Xu Xin gescheitert. „Jakub hat heute gerade da weitergemacht, wo er in Düsseldorf aufgehört hatte“, so Pejinovic. „Später kam er dann etwas besser ins Spiel, was aber mit ihm momentan los ist, wissen wir nicht.“

Das war heute aber auch nicht so tragisch, da die Höhe des Ergebnisses nach dem Best-of-Three-Modus keine Relevanz hat. Es zählen nur Sieg oder Niederlage. Natürlich hat Ochsenhausen noch nichts erreicht, aber immerhin die erste Duftmarke gesetzt. Nun muss nämlich Fulda kommen und die TTF zweimal in Folge besiegen, will man noch das Finale erreichen. Am kommenden Samstag steigt das Rückspiel in Fulda, ein mögliches Entscheidungsspiel fände am 21.04. ebenfalls bei den Osthessen statt.

„Uns zweimal hintereinander zu schlagen wird nicht einfach“, meint denn auch TTF-Präsident Kristijan Pejinovic, der nach dem heutigen Play-off-Krimi mit vorsichtigem Optimismus dem Rückspiel oder auch einer möglichen dritten Halbfinal-Partie entgegen blickt. „Das war heute eine Steilvorlage für das Rückspiel.“

Pejinovic fügt hinzu. „Unser Sieg ist umso höher zu bewerten, als wir kaum Vorlauf hatten. Wir waren noch ziemlich geschafft vom Freitag und hatten uns bis dahin auf ein ganz anderes Spielsystem mit anderem Material vorbereitet. Danach hatten wir gerade noch eine schnelle Trainingseinheit gegen Abwehr. Eigentlich ist es einzigartig, was wir da geschafft haben.“

Simon Gauzy war erschöpft aber glücklich: „Nach der Niederlage am Freitag und der langen Fahrt zurück war es heute nicht einfach für uns. Deshalb freue ich mich sehr, das war ein tolles Spiel heute.“

Dass Ruwen Filus, bis vor Kurzem noch der Angstgegner der Ochsenhausener Spieler, in dieser Saison auf einmal seine Matches gegen die TTF-Asse verliert, erklärt Pejinovic so: “Filus ist nicht schlechter geworden, aber unsere Jungs sind besser geworden.“

Sollte es am 26. Mai in Frankfurt zu einem Finale Ochsenhausen vs. Düsseldorf kommen – Boll und Co. gewannen ihr erstes Play-off in Saarbrücken ungefährdet mit 3:1 und sind auch im Rückspiel klar favorisiert –, wäre es für die Oberschwaben eine einmalige Chance, sich für den Schock vom Freitag zu revanchieren. Die Borussia liegt den TTF-Spielern recht gut. Drei Spieler haben Boll schon geschlagen, Gauzy und Calderano gelingt dies sogar recht oft.

Doch noch ist nicht aller Tage Abend. Noch ist Maberzell nicht aus dem Rennen und Ruwen Filus zeigt sich kämpferisch. „Sehr ärgerlich, dass wir einige Führungen heute nicht nach Hause bringen konnten“, so der blonde Defensivkünstler. „Jetzt heißt es abhaken, die Woche über gut trainieren und versuchen, nächste Woche stärker aufzutreten.“


TTF Liebherr Ochsenhausen – TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell 3:1

Simon Gauzy – Wang Xi 3:2 (10:12, 12:10, 12:10, 5:11, 11:9)

Joao Geraldo – Ruwen Filus 3:2 (11:7, 5:11, 11:9, 10:12, 12:10)

Jakub Dyjas – Jonathan Groth 1:3 (2:11, 3:11, 14:12, 10:12)

Simon Gauzy – Ruwen Filus 3:1 (11:6, 12:10, 9:11, 11:9)

 

Text & Fotos (2): Dr. Stephan Roscher