Knapper Ochsenhausener Sieg im Champions-League-Krimi



Die vielen Fans in der restlos ausverkauften Dr.-Hans-Liebherr-Halle erlebten ein packendes Match, das eines Champions-League-Halbfinales würdig war. Nach drei Stunden und 40 Minuten durfte Ochsenhausen einen knappen 3:2-Sieg bejubeln.

Dieses Resultat lässt für das Rückspiel alle Optionen offen. Matchwinner war Simon Gauzy mit zwei herausragenden Siegen gegen starke Gegner. Mit etwas mehr Glück und Kaltschnäuzigkeit hätten die TTF die Partie sogar mit 3:0 oder 3:1 gewinnen können. Nach Gauzys erstaunlich deutlichem Sieg über den Weltranglistenersten Boll, dessen Spiel ihm nach wir vor gut liegt, standen den jungen Oberschwaben eigentlich alle Türen zu einem klaren Erfolg offen. Doch Jakub Dyjas nutzte seine guten Siegchancen gegen den Weltranglisten-17. Kristian Karlsson nicht. Mit 2:1 Sätzen und 5:1 führte Dyjas, der dicht vor dem 3:0 für die TTF stand. Doch es reichte nicht, sein Gegner zog den Kopf noch aus der Schlinge.

Anschließend hätte Hugo Calderano, der im ersten Match noch Anton Källberg klar beherrscht hatte, gegen Boll wenigstens einen 3:1-Sieg perfekt machen können. Dazu hätte er gegen den 37-jährigen Ausnahmespieler „nur“ seinen souveränen Sieg von den Qatar Open wiederholen müssen. Doch diesmal hatte der Hesse in Düsseldorfer Diensten die Nase vorne. Zwar konnte Calderano den dritten Satz noch mit letzter Kraft zum 2:1-Zwischenstand nach Hause bringen, doch dann ging ihm die Luft aus und Boll drehte das Match noch mit all seiner Routine.

So lag am Ende alles in der Hand von Simon Gauzy, der den Ex-LMC-Studenten Anton Källberg besiegen musste, um den TTF wenigstens einen knappen Sieg zu sichern. Eine echte Herausforderung für den 23-jährigen Franzosen, der ja nach seiner Verletzung erst wenige Wettkämpfe bestritten hatte und heute zum ersten Mal im Vereinsdress wieder gegen richtige Topleute ran musste. Da Källberg schon öfters gegen die TTF gut ausgesehen und wichtige Matches gewonnen hatte, war der Optimismus im Ochsenhausener Lager zwischenzeitlich gar nicht mehr so groß, als der Schwede mit 2:1 Sätzen in Führung gegangen war. Doch Gauzy rief nochmals alles ab, was ihm möglich war, und es reichte zu einem 3:2-Sieg, gleichbedeutend mit dem 3:2-Erfolg für die TTF im Prestige-Duell.

Auch nach Sätzen kann es sich sehen lassen, was Dubravko Skorics junge Wilde vorgelegt haben – 13:10. Das eröffnet recht passable Chancen für das Rückspiel am 6. April im Düsseldorfer ARAG CenterCourt. Folglich lastet dann auf Düsseldorf der Druck, siegen zu müssen und das möglichst klar. Bei einem 3:2 für den „FC Bayern des Tischtennissports“ könnte es aufgrund des Satzverhältnisses in der Endabrechnung für Ochsenhausen reichen. Es erinnert ein wenig an die Konstellation der letzten Saison, als sich die beiden Rivalen im Viertelfinale gegenüberstanden und die TTF auch das Hinspiel mit 3:2 gewonnen hatten. Im Rückspiel kam Düsseldorf dann zu einem 3:1-Erfolg, der aber auf des Messers Schneide stand. Nun, es gibt ja kein Naturgesetz, dass es immer so laufen muss. Man wird sehen, was passiert, jedenfalls ist jetzt richtig Spannung drin in den nächsten drei Wochen. Es ist völlig offen, welches der beiden Teams ins Endspiel der europäischen Königsklasse einzieht. Es wäre für Ochsenhausen ein Highlight der Vereinsgeschichte, wenn dieser Coup tatsächlich gelingen würde.

Kristijan Pejinovic war rundum glücklich und trauerte am Ende auch nicht mehr den vergebenen Chancen zum 3:0-Kantersieg nach. „Ein super Spiel“, so Pejinovic. „Respekt vor Düsseldorf, wie sie gekämpft haben und dem möglichen 0:3 von der Schippe gesprungen sind, womit fast schon alles entschieden gewesen wäre.“ Der TTF-Präsident, der damit rechnet, dass das Rückspiel „ein heißer Tanz“ wird, fügte hinzu: „Wir wollten dieses Spiel genießen und die Jungs haben es genossen. Wir haben gehalten, was wir versprochen haben.“

„Wir waren fast tot, aber wir sind zurückgekommen und leben wieder. Ich mache niemandem einen Vorwurf. Wir haben gekämpft und am Ende den Sieg ganz knapp verpasst“; so ein aufgewühlter Düsseldorfer Trainer Danny Heister. „Aber für mich ist wichtig, dass die Einstellung stimmt und auch bei 0:2 niemand aufgegeben hat.“ Bei dem Satzverhältnis von 10:13 hat die Borussia im Rückspiel kaum Spielraum, um bei einem 3:2-Sieg das Finale zu erreichen. Man benötigt also voraussichtlich mindestens einen 3:1 Erfolg. „Das wird ein echtes Endspiel“, so Manager Andreas Preuß. 


TTF Liebherr Ochsenhausen – Borussia Düsseldorf 3:2 (13:10 Sätze)

Hugo Calderano – Anton Källberg 3:1 (13:11, 8:11, 11:9, 11:4)

Simon Gauzy – Timo Boll 3:1 (11:8, 11:8, 3:11, 11:9)

Jakub Dyjas – Kristian Karlsson 2:3 (11:9, 7:11, 11:5, 9:11, 7:11)

Hugo Calderano – Timo Boll 2:3 (9:11, 11:9, 13:11, 5:11, 4:11)

Simon Gauzy – Anton Källberg 3:2 (11:6, 7:11, 5:11, 11:7, 11:8)

 

Text & Fotos (2): Dr. Stephan Roscher