EM 2016: „Goldige“ DTTB-Doppel, dürftige Einzel-Bilanz



Mit Emmanuel Lebesson und Hu Melek (Foto) gab es lupenreine Überraschungssieger in den Einzeln. Zweifaches Gold im Doppel heiterte die Mienen der DTTB-Verantwortlichen etwas auf, ansonsten war die Bilanz der deutschen Tischtennis-Asse in Budapest bescheiden.

Eine Bronzemedaille im Herren-Einzel durch Timo Boll war die gesamte sonstige Ausbeute, sieht man von der Silbermedaille für Shan/Solja im Damen-Doppel ab. Und das bei dem Verband, der in Rio Silber mit der Damen-Mannschaft und Bronze mit dem Herren-Team errungen und, bis auf Bastian Steger, alle Leistungsträger an Bord hatte – ein ernüchterndes Ergebnis. Die deutsche Vormachtstellung in Europa konnte nicht durch entsprechende Leistungen untermauert werden.

Auf der ITTF-Webseite war sogar von einer sportlichen Katastrophe für den DTTB die Rede. Vielleicht ein wenig übertrieben – schließlich konnte man nach den großen Highlights wie Olympia und World Cup durchaus damit rechnen, dass mancher in ein Leistungsloch fallen würde –, im Kern aber nicht unzutreffend.

Natürlich sollte man auch das unglückliche Halbfinal-Aus von Timo Boll nicht ganz außer Acht lassen – der Weltranglisten-13. hatte das Halbfinale gegen Ochsenhausens Simon Gauzy wegen einer erneuten Nackenverletzung nicht zu Ende spielen können. Doch zum Zeitpunkt seiner Aufgabe stand es nach Sätzen 1:2 und der Odenwälder hatte bereits die vorangegangenen beiden Vergleiche gegen den Weltranglisten-19. aus Frankreich verloren. Gut möglich also, dass es auch sportlich daneben gegangen wäre.

Immerhin – und das ist gut für ein solches Turnier – gewannen trotz hochkarätigem Teilnehmerfeld zwei Akteure die Einzelwettbewerbe, die zuvor eigentlich gar niemand auf der Rechnung hatte. Dennoch spielten beide in Budapest derart dominant, ja überragend, dass es an ihrem jeweils ersten Europameistertitel der Karriere nichts zu deuteln gab.

Weder den Triumph von Emmanuel Lebesson (Weltrangliste Platz 38), der allerdings bereits eine gute WM und ein überzeugendes Olympisches Turnier gespielt hatte, noch den Siegeszug von Hu Melek (WRL 27), unscheinbar wirkende Chinesin mit türkischem Pass, hatten die Experten für möglich gehalten.

Nun, es kam anders. Der Herren-Europameister kommt aus Frankreich, der erste Gold-Franzose auf EM-Parkett übrigens seit 1976, Lebesson schlug im Finale seinen Landsmann Gauzy. Melek fertigte die bis dahin ebenfalls fast unbezwingbar wirkende Penholder-Portugiesin Yu Fu sogar haushoch ab, betrachtet man nicht bloß das 4:1 sondern die einzelnen Satzergebnisse (11:3, 11:2, 11:4, 10:12, 11:7). Im Halbfinale hatte Hu ähnlich dominant Hollands Defensivspezialistin Li Jie demontiert (11:5, 11:3, 11:3, 11:6), während Yu in sieben umkämpften Sätzen die favorisierte Rumänin Elizabeta Samara humorlos auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hatte. Und im Viertelfinale hatte die spätere Turniersiegerin der Topfavoritin Han Ying mit 4:2 das Nachsehen gegeben in einem allerdings umkämpften Match, das auch die Deutsche mit etwas Glück hätte gewinnen können.

Bleibt nachzutragen, dass Patrick Franziska sich über Gold im Herren-Doppel freuen durfte. Das Gespann mit Maberzells Dänen Jonathan Groth erwies sich als Doppel-Dream-Team und war auch im Finale von den starken Polen Jakub Dyjas/Daniel Gorak nicht zu stoppen (4:11, 11:4, 11:5, 7:11, 11:7, 12:10).

Die nur im Doppel überzeugenden deutschen Damen „einigten“ sich in einem megaspannenden Endspiel auf den Turniersieg von Sabine Winter/Kristin Silbereisen, doch gaben sich die Berlinerinnen Shan Xiaona und Petrissa Solja nur ganz knapp in sieben Durchgängen geschlagen – 12:10, 8:11, 11:8, 11:8, 2:11, 7:11, 11:9 hieß es am Ende aus Sicht des Kolbermoor-Duos.

Im Mixed hatten sich bereits am Freitag Joao Monteiro und Ehefrau Daniela Monteiro-Dodean durchsetzen können. Im Finale wurde das Schweden-Duo Mattias Karlsson/Matilda Ekholm in fünf Sätzen geschlagen.

 

Alle Ergebnisse des sechsten und letzten EM-Tages


23/10

10:30

T1

Women’s Singles

4

HU Melek TUR

vs

LI Jie NED

HU Melek

4-0

23/10

11:30

T1

Women’s Singles

4

SAMARA Elizabeta ROU

vs

YU Fu  POR

YU Fu

3-4

                   

23/10

12:30

T1

Men’s Singles

4

DYJAS Jakub POL

vs

LEBESSON Emmanuel FRA

LEBESSON Emmanuel

1-4

23/10

13:30

T1

Men’s Singles

4

BOLL Timo GER

vs

GAUZY Simon FRA

GAUZY Simon

1-4

                   

23/10

15:30

T1

Women’s Doubles

2

SILBEREISEN Kristin GER
WINTER Sabine GER

vs

SHAN Xiaona  GER
SOLJA Petrissa GER

SILBEREISEN Kristin
WINTER Sabine

4-3

                   

23/10

16:30

T1

Men’s Doubles

2

FRANZISKA Patrick GER
GROTH Jonathan DEN

vs

DYJAS Jakub POL
GORAK Daniel POL

FRANZISKA Patrick
GROTH Jonathan

4-2

                   

23/10

17:30

T1

Women’s Singles

2

HU Melek TUR

vs

YU Fu  POR

HU Melek

4-1

                   

23/10

18:30

T1

Men’s Singles

2

LEBESSON Emmanuel FRA

vs

GAUZY Simon FRA

LEBESSON Emmanuel

4-1

 

Fotos: ITTF, Dr. Stephan Roscher