Erstes RhönSprudel Masters begeistert die Fans (inkl. 13 Fotos)



 

Dimitrij Ovtcharov gewann am Samstag das RhönSprudel Masters in Fulda. Im Finale des Einladungsturniers mit weltbekannten DONIC-Vertragsspielern besiegte „Dima“ einen überraschend starken Wang Xi in fünf Sätzen. Auch wenn der verletzte Jan-Ove Waldner nicht spielen konnte, kamen die Fans auf ihre Kosten.

TTC muss wohl noch einige Jahre warten, bis „Dima“ wirklich unterschreibt

Bei der anschließenden Siegerehrung gab Hallensprecher und TTC-Vizepräsident Michael Hodes schmunzeln die Story zum Besten, Ovtcharov habe mit der Übergabe des Siegerschecks einen Vertrag beim TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell unterzeichnet. Das hatte in der Tat einen konkreten Hintergrund, auch wenn es sich natürlich nur um einen Scherz handelte. Der gut aufgelegte „Dima“ hatte nämlich während der Siegerehrung mit einem Filzschreiber seinen Scheck über beide Backen grinsend mit dem Betreff „2 Jahre Vertrag in Fulda“ versehen. Für einen Tausender zwei Jahre Ovtcharov – wer würde da nicht sofort ganz laut „Ja!“ rufen.

„Danke an die Fans und Organisatoren für ein tolles Turnier, das uns allen viel Spaß gemacht hat“, so der Gewinner nach der Siegerehrung. „Ich komme gerne wieder.“ Der ehemalige Weltranglistenerste zollte Finalgegner Wang Xi, der eine Spitzenleistung bot, den ersten Satz trotz klarer Führung nicht ins Ziel brachte, dann aber einen 0:2-Satzrückstand wettmachte und im fünften Durchgang fast auf Augenhöhe war, Respekt: „Er hat ordentlich draufgelegt, ich bin zwischenzeitlich nicht mehr in mein Spiel gekommen, habe mich aber zum Glück noch gefangen.“

Sieben Matches, großer Sport – Wang Xi in Galaform

Es gab aber noch mehr tolle Spiele zu sehen, bereits in den Viertelfinals. Dass Grenzaus engagiert aber dennoch locker wirkender dänischer Youngster Anders Lind den routinierten Ukrainer Kou Lei schlagen würde, hatten nicht viele auf der Rechnung.

Auch nicht, dass Linds Mannschaftskollege Kirill Gerassimenko gegen Wang Xi nach zwischenzeitlicher 2:0-Satzführung noch verlieren würde. Zum einen war Wang, der Fulda-Maberzell nach elf Jahren mit noch unbekanntem Ziel verlässt – man hört, dass drei Bundesligisten, aber auch ein französischer Pro-A-Klub interessiert seien –, in den letzten Wochen nicht allzu gut drauf, zum anderen war er bei Schauturnieren in der Vergangenheit meist nicht weit gekommen. Und schließlich war der Chinese mit deutschem Pass nur ins Teilnehmerfeld gerückt, weil Joao Geraldo bei den Portugal Open „zu lange“ im Turnier geblieben war. Gerassimenko legte fulminant los, konnte jedoch das Niveau gegen einen immer sicherer werdenden Wang, dem aber auch furiose Angriffsbälle gelangen, nicht halten.

Sportlich sehr interessant war auch das Match des inzwischen 52-jährigen Ex-Weltmeisters Jörgen Persson, einst zusammen mit Jan-Ove Waldner in Fulda aktiv, gegen den englischen Nationalspieler Samuel Walker, der inzwischen für Istres in der französischen Topliga Pro-A aufschlägt. Der immer noch topfitte „große Blonde“ aus Schweden, der sich – wie man beim Masters gesehen hat – in Fulda auch heute noch großer Beliebtheit erfreut, stemmte sich mit aller Macht gegen die drohende Niederlage. Das vorentscheidende 14:16 im dritten Satz gegen den stark spielenden Briten leitete jedoch sein frühes Turnier-Aus ein, wobei Walker natürlich auch kein „Nobody“ ist, sondern immerhin 2016 mit seinem Nationalteam bei der WM die Bronzemedaillen gewonnen und dabei wichtige Matches siegreich bestritten hat. Zudem steht er mit 23 Jahren sportlich voll im Saft, während Persson locker sein Vater sein könnte.

Im letzten Viertelfinale zwischen Steffen Fetzner und „Dima“ Ovtcharov war dagegen von vorneherein klar, wer gewinnen würde. Da stand der Unterhaltungseffekt eindeutig im Vordergrund – und diese Karte spielten beide vorzüglich.

In den Halbfinals gab es weiterhin Topsport zu sehen und es ging bereits sehr konzentriert zur Sache. Ovtcharov, der in den letzten beiden Durchgängen fast alles traf, zeigte einem zwei Sätze frech aufspielenden Walker, wo zurzeit noch dessen Grenzen liegen.

Gleiches galt für Wang Xi gegen Lind. Der 20-jährige Däne offenbarte gegen Abwehr – sofern sie so gut und effektiv gespielt wird wie gestern vom scheidenden Maberzeller – noch Defizite. Zudem punktete Wang dazwischen immer wieder mit clever eingestreuten Angriffsschlägen, so dass sich Lind nie auf einen Rhythmus einstellen konnte.

Schließlich folgte das hochklassige, spannende Finale mit dem, was die Zuschauer besonders gerne sehen: Angriff gegen Verteidigung auf höchstem Niveau. 

Waldner muss passen, unterhält die Fans aber trotzdem gut

Dass Jan-Ove Waldner nicht spielen konnte, kommentierte TTC-Vizepräsident Claus-Dieter Schad so: „Wir haben am Abend vor dem Masters die Info bekommen, dass Waldi gestürzt ist und sich an der Rippe verletzt hat. Das ist natürlich unglücklich, aber so konnte er ein paar Showbälle zeigen und stand den Zuschauern durchgehend für Autogramme und Fotos zur Verfügung.“ Die Enttäuschung der Fans war zwar bei der Bekanntgabe durch den Hallensprecher in den Gesichtern lesbar, doch dies tat der vorzüglichen Stimmung keinen Abbruch. Umso mehr, als man sich an „Waldi“ ja später in einigen Kurzeinlagen beim Spiel zwischen dem für ihn eingesprungenen Steffen Fetzner und Dimitrij Ovtcharov erfreuen durfte und das Idol während des gesamten Turniers „zum Anfassen“ für einen kurzen Plausch sowie für Selfies und Autogramme zur Verfügung hatte.

Zudem hatte sich der Ausrichter auf die Schnelle ein unterhaltsames Aufschlags-Spiel ausgedacht. Sechs Bälle wurden von den Profis ins Publikum geschlagen, wer einen erhaschte, durfte mehrere Aufschläge des schwedischen Tischtennis-Magiers annehmen. Wer einen zurückspielen konnte, erhielt ein signiertes Trikot. Waldner zeigte ein Herz besonders für die jüngsten Teilnehmer, denen er „milde“ Aufschläge servierte, so dass sie zum begehrten Trikot kamen.

„Dass Waldi das Turnier nicht spielen konnte, ist natürlich ärgerlich für die Zuschauer, er wurde in Fulda ja vergöttert“, räumte Steffen „Speedy“ Fetzner ein. „Doch er ist hier, gibt Autogramme und macht Bilder, das ist für die Zuschauer auch eine schöne Sache.“

Steffen Fetzner mit Entertainer-Qualitäten

Überhaupt war der legendäre Doppel-Weltmeister von 1989, der seit Jahren im Management der Ausrüsterfirma DONIC beschäftigt ist, in der Wilmingtonhalle ganz in seinem Element. Schaukämpfe sind sein Ding, da fallen ihm immer neue Einlagen ein, um die Fans einzubinden und köstlich zu unterhalten. Nicht nur beim Duell mit „Dima“ direkt auf dem Tisch, auch in anderen Momenten, etwa als er den verdutzten Schiedsrichter Christopher Günther vom Zählgerät an die Platte kommandierte, wo dieser selbst gegen den Weltklassespieler bestehen sollte – zumindest für eine Minute. Der übernervöse Unparteiische setzte dann auch prompt zwei eigene Aufschläge ins Netz, doch als ihm Fetzner einen Minischläger reichte, zeigte er mit einem Mal seine bis dahin verborgenen Talente, als er ausgerechnet mit diesem Spielgerät Ovtcharov einen fulminanten Ball um die Ohren haute. „Das fühlte sich überragend an“, so ein schmunzelnder, aber auch sichtlich erleichterter Referee.

Ausrichter Fulda-Maberzell will Turnierformat ausbauen

„Die Resonanz hätte natürlich höher sein können, aber im Schnitt hatten wir 350 bis 400 Zuschauer in der Halle. Damit sind wir für die erste Auflage zufrieden“, gab Claus-Dieter Schad nach Turnierende zu Protokoll. Der TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell freut sich auf eine mögliche Wiederholung des gelungenen Events im Winter 2020, wie dessen Präsident Stefan Frauenholz am Ende bekannt gab: „Wenn wir nochmal die Chance erhalten, machen wir etwas ganz Großes daraus.“

Auch Ausrüster DONIC könnte sich gut vorstellen, dass es weitere RhönSprudel Masters-Turniere in Fulda gibt. „Warum nicht? Es kommt gut an und mit Fulda haben wir einen verlässlichen und treuen Partner, der das super organisiert hat. Es ist vorstellbar, dass es hier zu einer festen Institution wird“, so Steffen Fetzner am Samstag nach Turnierende.

 

 

DAS MASTERS IN DER ÜBERSICHT 

Viertelfinale

Anders Lind – Kou Lei 3:2 (9:11, 17:15, 9:11, 11:7, 11:6)

Kirill Gerassimenko – Wang Xi 2:3 (11:9, 11:8, 8:11, 7:11, 8:11)

Jörgen Persson – Samuel Walker 1:3 (4:11, 11:7, 14:16, 7:11)

Steffen Fetzner – Dimitrij Ovtcharov 1:3 (4:11, 9:11, 14:16, 1:11) 

Halbfinale

Dimitrij Ovtcharov – Samuel Walker 3:1 (11:7, 4:11, 11:4, 11:7)

Wang Xi – Anders Lind 3:0 (11:4, 11:9, 14:12) 

Finale

Wang Xi – Dimitrij Ovtcharov 2:3 (12:14, 4:11, 11:5, 11:4, 8:11)

 

Text & Fotos: Dr. Stephan Roscher