Olympia: Dimitrij Ovtcharov nach Nervenschlacht im Halbfinale



Dimitrij Ovtcharov ist auf dem besten Wege, seinen Olympia-Erfolg von 2012 zu wiederholen. Gegen Hugo Calderano aus Brasilien konnte sich der Orenburger mit 4:2 durchsetzen. Dabei musste er mehrmals große Rückstände aufholen, bevor er ab dem sechsten Satz das Spiel dominierte. Morgen trifft Ovtcharov im Halbfinale auf Ma Long, im anderen Semi duellieren sich Fan Zhendong und Lin Yun-Ju.

Was ein Kraftakt von Dima! Im Viertelfinale gegen Hugo Calderano lag der Deutsche schnell mit 0:2 hinten, fand überhaupt keinen Rhythmus. Nichts war da von der Leichtigkeit, die er tags zuvor noch gegen Koki Niwa gezeigt hatte. Doch bei 4:8 Rückstand im dritten Satz änderte sich der Spielverlauf: Mentalmonster Ovtcharov drehte auf 11:8, gewann den folgenden Satz zum 2:2 Ausgleich, um dann im 5. Satz erneut mit 1:7 zurückzuliegen. Doch auch dieses Mal kam der Deutsche zurück und hatte im sechsten Durchgang dann keine Probleme mehr. „Dima war am Anfang überhaupt nicht anwesend. Beide waren angespannt, aber Calderano hat es besser gemacht. Es stand 0:2 und 4:8, für das Level hat Dima sehr schwach gespielt und er konnte keine Antworten finden. Aber es ist seine Stärke, dass er dran bleibt, weiter kämpft und mental dann zurück kommt“, so Bundestrainer Jörg Roßkopf zu tischtennis.de. Auch Ovtcharov sah den Schlüssel zum Erfolg in seiner mentalen Stärke: „Bei 2:0, 8:4 habe ich gemerkt, dass er das Spiel zumachen will und er wurde etwas nervöser. Das habe ich bemerkt und plötzlich hatte ich Oberwasser und war fast fehlerfrei. Ich habe es nicht zugelassen, dass er weiter seine starken Topspins spielt. Tischtennis ist einfach ein Sport, der schwer zu beschreiben ist. Eine Niederlage in der ersten Runde und ein Turniersieg liegen oft eng beieinander.“ Mit dem Viertelfinalerfolg sichert sich „Dima“ sein Halbfinalspiel gegen Angstgegner Ma Long: „Gegen Ma Long habe ich oft verloren, aber das hat Ryu Seung-Min gegen Wang Hao auch und dann seinen einzigen Sieg gegen ihn bei Olympia gefeiert. Das gibt mir Hoffnung für morgen, ich habe das Spiel schon lange im Kopf und glaube an meinen Sieg.“

Ma Long beendet Lauf von Assar

Ma Long hatte zuvor gegen Omar Assar seine Begegnung gewonnen. Beim 4:1 sieg blieb der Ex-Düsseldorfer chancenlos, nachdem er in den Runden zuvor durch Siege gegen Chuang und Falck für Aufsehen gesorgt hatte. Auch Ma zollte dem Ägypter Respekt: “Er wird immer besser und ist einer der besten Spieler aus Afrika. Man kann an seinen bisherigen Ergebnissen hier sehen, dass er ein sehr guter Spieler ist. In meinen letzten beiden Begegnungen gegen ihn habe ich mit 4:1 gewonnen, aber es ist jedes Mal ein neues Spiel, wenn wir uns treffen, und ich muss jedes Mal mental stark sein. Mit Blick auf den Rest des Turniers hoffe ich, noch besser zu werden, um jeden Punkt zu kämpfen und jedes Spiel zu gewinnen.“

Ebenfalls im Halbfinale steht Fan Zhendong. Der Weltranglistenerste ließ Boll-Bezwinger Jeoung Youngsik zum Auftakt des fünften Tages keine Chance und siegte mit 4:0. „Es war ein gutes Spiel und ich habe gut gespielt. Es sind die Olympischen Spiele und es gibt definitiv eine Form von Druck, gute Ergebnisse zu liefern. Ich bin bisher gut mit dem Druck zurechtgekommen und hoffe, dass ich das auch weiterhin tun kann.“ Dort wird ihm Lin Yun-Ju gegenüberstehen: Der Taiwanese hatte mit seinem Kontrahenten Darko Jorgic zu keinem Zeitpunkt Probleme und siegte mühelos mit 4:0. Jorgic hatte Tags zuvor überraschend Goldaspirant Tomokazu Harimoto aus dem Turnier geworfen. „Ich habe vor fünf Jahren gegen Darko gespielt und damals 3:4 gegen ihn verloren. Er ist ein sehr guter Spieler, aber ich habe ihm heute nicht viele Chancen gegeben, da ich mich gut vorbereitet hatte. Er war wahrscheinlich auch zu müde nach dem gestrigen Match. Ich habe versucht, nicht zu viel über den Ausgang des Matches nachzudenken. Stattdessen habe ich ohne Erwartungen gespielt, weil ich mich nicht zu sehr unter Druck setzen wollte“, so der erst 19-Jährige Lin. 

Text: Ludger Santel

Bild: courtesy by the ITTF