Interview mit Anton Källberg: „Ich musste einfach mehr und besser trainieren als vorher“



Kein Spieler hat in dieser TTBL-Saison mehr überzeugen können als Anton Källberg.
Der 23-jährige Schwede ist die Nummer eins der Spielerrangliste der TTBL und konnte zuletzt auch international beweisen, dass in den nächsten Jahren mit ihm zu rechnen ist. Vielleicht ja schon zu Olympia?
Doch stark war bereits Källberg bereits im Jahr 2015, als er bis auf Platz 54 der Weltrangliste geklettert war.
Bis Anfang März diesen Jahres sollte dies seine beste Weltranglistenposition sein. Nun hat er mit Platz 53 eine neue Bestmarke erreicht. Der Endpunkt? Nein, Källberg möchte sich weiter steigern .
Was sich Anton als Ziel für die nächsten Jahre gesetzt hat, warum er fünf Jahre lang stagnierte und wie er es geschafft hat in der Saison 2020/21 einen gewaltigen Sprung zu machen, lest ihr im folgenden Interview.
Einsteigen wollen wir mit einem Blick auf seine Anfänge:

Hallo Anton, du hast mit sieben Jahren beim Borlänge BTK mit dem Tischtennis spielen angefangen.
Wie kamst du zu diesem wundervollen Sport und wie verliefen deine ersten Jahre beim Tischtennis?

Meine ganze Familie, sowohl mütterlicherseits als auch väterlicherseits, spielt Tischtennis und so bin ich natürlich nicht drum herumgekommen, es auch zu probieren. Ich hatte von Anfang an sehr viel Spaß dabei und merkte schnell, dass ich nicht ganz talentfrei bin. So bin ich, obwohl ich auch einige andere Sportarten ausprobiert habe, beim Tischtennis geblieben.


Ich denke, das war eine ganz gute Entscheidung. 😉
Du bist dann schnell in die schwedische Spitze im Nachwuchs vorgestoßen und hattest als Jugendlicher auch in Europa viele Erfolge.
Wie sah damals dein Trainingsalltag aus?

Ja, als ich merkte, dass ich nicht nur in Schweden, sondern auch Europa zu den Besten gehöre, beschloss ich mit 14 Jahren alles auf die Karte Tischtennis zu setzen.
Ich zog in eine andere Stadt in Schweden, wo es eine viel stärkere Trainingsgruppe gab. Zu dieser Zeit habe ich ca. 8 Mal pro Woche trainiert. Dies hat sich dann jedes Jahr gesteigert.

Im Jahr 2014 bist du dann noch vor deinem 17. Geburtstag nach Ochsenhausen gezogen. War es für dich eine schwere Entscheidung dein Heimatland zu verlassen, um in Deutschland bessere Trainingsbedingungen zu haben?

Die Entscheidung fiel mir eigentlich gar nicht so schwer. Ich hatte Lust, etwas Neues auszuprobieren und woanders zu spielen. So kam ich durch Anders Johansson mit Ochsenhausen in Kontakt, der mir half, in die Trainingsgruppe zu kommen.

Anton jubelt über den Europameistertitel im Jahr 2015


Warum bist du dann als frisch gebackener Europameister im Jugend-Einzel, bereits ein Jahr später aus dem Liebherr College Ochsenhausen nach Düsseldorf gezogen, um dort im DTTZ zu trainieren?

Das hing mit meinem Ausrüster Butterfly zusammen. Es hat mir in Ochsenhausen sehr gefallen, doch wenn ich dort dauerhaft hätte bleiben wollen, hätte ich mein Ausrüster wechseln müssen.
Da ich weiter bei Butterfly bleiben wollte, hat Butterfly für mich den Kontakt nach Düsseldorf hergestellt. Ab 2015 durfte ich dann im DTTZ trainieren und beim TTC Hagen in der TTBL spielen.

Du warst im Dezember 2015, mit 18 Jahren, bereits die Nummer 54 der Welt und das größte Talent in Europa. Aktuell, 5 ½ Jahre später, hast du ganz frisch mit Platz 53 erstmals deine Bestmarke aus dem Jahr 2015 übertroffen.
Kannst du Gründe dafür, dass du es zwischen 2016 und 2020 es nicht geschafft hast den nächsten Schritt zu gehen, ausmachen?


Ich glaube, ich war ein wenig zu sehr zufrieden mit mir selbst und meiner Situation und wusste auch nicht wirklich was ich ändern kann, um mich weiter zu verbessern.


Wie bist du damit klar gekommen, dass du die Erwartungen deines Vereins und deines Nationalverbandes – 2018 wurdest du nicht für die Europameisterschaft nominiert – lange Zeit nicht erfüllen konntest?

Ich war natürlich sehr enttäuscht von mir selbst, da ich wusste, dass nur ich und kein anderer an der Situation die Schuld trägt. Meine Ergebnisse waren einfach nicht gut genug und ich musste einfach mehr und besser trainieren als vorher, um mein Spiel zu verbessern und wieder das Vertrauen in mich selbst zu gewinnen, damit ich irgendwann wieder einen Schritt nach vorne machen würde.

In der Saison 2020/21 kam dein Durchbruch. Wie hast du den Sprung auf dein aktuell sehr starkes Level geschafft? Hast du im Training etwas verändert?

Ich habe viel trainiert. Am Tisch und im Kraftraum, aber auch viel Strategie und Mentaltraining. Ich war fest entschlossen, mehr Zeit und Anstrengung für Tischtennis zu investieren.


Eine Veränderung, die sicherlich auch mit deinem Strategietraining zu tun hat, ist dein Aufschlag.
Früher hast du sehr einzigartige Aufschläge gespielt, die viele Gegner vor große Probleme stellten.
Mittlerweile fällt auf, dass deine Aufschläge nicht mehr ganz so gefährlich sind, aber du dadurch meist besser ins Spiel kommst.
Wer hat dir den Impuls zur Aufschlagumstellung gegeben?

Ja es haben mich bereits viele Leute gefragt, warum ich meinen Aufschlag geändert habe, obwohl es meine große Waffe war. Doch ich fand meinen Aufschlag eigentlich nicht so gut und hatte das Gefühl, dass ich etwas ändern musste. Deshalb habe ich mir eine Menge Videos von verschiedenen Spielern angeschaut, um mir Inspiration zu holen und von ihnen zu lernen.

Mit deiner aktuellen Spielstärke wärst du für die schwedische Olympiamannschaft eine große Bereicherung. Wie stehen deine Chancen für die Mannschaft und vielleicht auch für das Einzel nominiert zu werden?

Die Entscheidung wird Mitte Mai fallen und ich hoffe natürlich sehr, dass ich dabei sein werde. Doch wie groß meine Chancen letztendlich auf eine Nominierung im Einzel oder der Mannschaft sind, weiß ich nicht. Schweden hat viele starke Spieler.

Viele Sportler haben Nachteile aufgrund der Verschiebung von Olympia. Doch du bist sicherlich froh über die Verschiebung, da 2020 deine Chancen auf eine Nominierung noch wesentlich schlechter waren, oder?

Für mich persönlich ist es natürlich besser, dass Olympia auf 2021 verschoben wurde. Denn meine Chancen auf eine Nominierung für Olympia 2020 wären auf jeden Fall um einiges geringer gewesen als jetzt.

Du bist bereits seit einigen Jahren mit der deutschen Nationalspielerin Yuan Wan zusammen.
Wie sehr beflügelt Yuan deine Karriere?

Yuan hilft und unterstützt mich sehr. Sie sagt mir nach meinen Matches immer ihre ehrliche Meinung und hat keine Angst, Dinge zu sagen, die ich vielleicht nicht hören will. Ich habe ihr wirklich viel zu verdanken. 


Dein Mitspieler Timo Boll macht seit einigen Monaten gelegentlich VLOG’s von euren Spielen. Bei Fans sind diese sehr beliebt, da sie so auch mal hinter die Kulissen schauen dürfen.

Schaust du auch selbst mal rein in Timos Vlogs?

Ja, ich habe die meisten seiner Videos angeschaut und mag sie sehr. 

Mittlerweile bist du in Düsseldorf meist sogar noch vor Timo die Nummer eins.
Was hast du bereits von ihm lernen können?

Es gibt natürlich unzählige Dinge, die man von Timo lernen kann und ich habe versucht, mir so viel wie möglich abzuschauen. Aber das ist nicht so einfach!

Du hast ja bereits davon gesprochen, dass du dein Trainingspensum erhöht hast.
Wie viele Stunden stehst du in der Regel pro Woche am Tisch?

Ich würde sagen, ich trainiere etwa 20-25 Stunden pro Woche.

Du bist jetzt 23 Jahre alt und hast in der aktuellen TTBL-Saison bereits wie ein Top-20 Spieler gespielt. Was sind deine kurzfristigen und langfristigen Ziele in deiner TT-Karriere?

Mein Ziel für Olympia (wenn ich spiele) ist es, wie auch für den Rest des Teams, eine Medaille zu gewinnen. Langfristig möchte ich mich unter den Topspielern in Europa und der Welt etablieren und natürlich in der Weltrangliste noch ein paar Plätze nach oben klettern.

Dabei wünschen wir dir viel Erfolg Anton! Danke, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast.
😊.

Interview & Fotos: Johannes Gohlke