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Alt 02.03.2004, 16:29
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hans-claus hans-claus ist offline
Andreas Amend
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Re: Imageanalyse - Quo vadis Tischtennis ?

Hallo Thomas Dick/TT-Institut,

einige der hier von dir formulierten Theorien zu unserem Sport bedürfen m.e. einer kritischen Betrachtung.

Zitat:
Eine Imageanalyse der Universität Bayreuth vom Sommer 2003
Die Befragung hat eine Stichprobengröße von genau 24 StudentInnen der Sportwissenschaften in Bayreuth. Sowohl die geringe Anzahl der Befragten, als auch die Tatsache, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine sowohl alters-, bildungsstand- wie auch interessenshomogene Gruppe von Menschen handelt, lässt mir die hochtrabend klingende Bezeichnung "Imageanalyse" etwas weit hergeholt vorkommen.

Zitat:
Ein guter Slogan kann bekanntlich das Nachdenken 20 Jahre lang verhindern.
Woher ist das "bekannt"? Es gibt eine ganze Reihe von Unternehmen, die pro Jahr fünf gute Slogans entwickeln und letztlich doch am Markt scheitern, während es andere gibt, die mit fünf guten Slogans ein Jahrhundert erfolgreich existieren.

Zitat:
Die Motivation jedes einzelnen Mitgliedes, jedes einzelnen Vereins ist die natürliche Ordnung der Dinge!
Wie kommst du denn darauf? Wer legt die "natürlich Ordnung der Dinge" fest? Gott? Die Evolution? Du?
Und was bitte ist unter der Motivation eines Vereins zu verstehen? Die Motivation schöne Grillfeste zu feiern? Die Motivation Jugendspieler auszubilden? Die Motivation möglichst viele Mitglieder zu haben? Die Motivation mit möglichst wenig finanziellem Aufwand eine möglichst hohe Spielklasse zu erreichen? Diese Motivation kann wohl sehr, sehr unterschiedlich sein.

Zitat:
Wichtig in der Führungsarbeit, ist es – so unsere Auffassung - zu „stören“, permanent infrage zu stellen
Da gebe ich dir ja recht, aber Sinn und Zweck des "infrage Stellens" muss ja wohl die konstruktive Lösung von Problemen sein, oder erachtest du das infrage Stellen per se als Ziel von Führung? In deinen Ausführungen werden zwar "Führungsarbeit" ganz allgemein, mini-Meisterschaften und Ordnungsstrafen vage in Frage gestellt, aber konstruktive Verbesserungsvorschläge kann ich jedoch nicht erkennen.

Zitat:
die Mitarbeiter „von den Stühlen zu schieben“.
Das ist eine sehr gute Idee; als Folge des infrage Stellens schmeiße ich dann einfach ein paar Mitarbeiter raus. Damit sollte man jedoch etwas vorsichtig umgehen, denn wenn ich jemanden von einem Stuhl wegschiebe, sollte ich einen in der Hinterhand haben, der sich dann auch drauf setzt - und das scheint mir in unserem Sport i.d.R. nicht unbedingt der Fall zu sein.

Zitat:
Warum wird in der Mitgliederentwicklung seit Jahren auf Anreizsysteme gesetzt, obwohl seit den gleichen Jahren keine nennenswerten Zuwächse zu verzeichnen sind
Vielleicht wird weiter auf solche Systeme gesetzt, weil sie sich zumindest insoweit bewährt haben, als dass sie trotz objektiver Faktoren wie Geburtenrückgang und Steigerung der kommerziellen wie nicht-kommerziellen Freizeitangebote in Konkurrenz zum TT das Überleben des TT-Sports gewährleistet haben. Hätte man dabei alleine auf die "natürliche" Motivation der Vereine vertraut, wer weiss, wo wir jetzt wären. Ist es nun also deine Meinung, mini-Meisterschaften, Girls-Team-Cup usw. einfach komplett abzusetzen und gar nichts zu tun, oder hast du konkrete Vorschläge, welche Ideen, Maßnahmen, Programme o.ä. diese ersetzen sollten? Ein vollständiges Absetzen dieser Programme würde doch genau das zur Folge haben, was du als erhobenen Zeigefinger der Verbände an die Vereine nach dem Motto "jetzt macht ihr mal" kritisierst.

Zitat:
Ordnungsstrafen – einen der größten Demotivierer überhaupt
Nun, aus laienpsychologischer Sicht scheinst du es mit der These zu halten, dass Strafen nichts (oder Demotivation) bewirken. Dann schlägt die Lernpsychologie also die Methode des Belohnung vor, wobei mir dann allerdings auch nicht so klar ist, warum du von dir sogenannte "Anreizsysteme", die ja zumindest in Richtung Belohnung gehen, auch ablehnst.
Wenden wir den (für mich aus deinen Ausführungen einzigen erkennbar konkreten) Vorschlag der Abschaffung der Ordnungsstrafen auf das oben angeführte Beispiel der nicht-einheitlichen Spielkleidung an. Bist du nun also der Auffassung man sollte nicht mehr diejenigen Vereine bzw. Spieler bestrafen, die in nicht-einheitlicher Spielkleidung antreten, sondern statt dessen diejenigen belohnen (wie? mit Geld?), die in einheitlicher Spielkleidung antreten? Wie verhält es sich dann mit Vereinen, die nicht antreten, zurück ziehen, Spielergebnisse nicht melden, Spielberichtsbögen falsch ausfüllen, Meldetermine nicht einhalten usw. usf.? Könnte eine derartige Entwicklung nicht zu einer ein ganz klein wenig zu bunten "Situationsbuntheit" führen?

Zitat:
Das Problem in unserem Sport heißt Führung
Genauso, wie in demokratischen Ländern das Volk die Regierung erhält, die es verdient (bzw. gewählt hat), so bekommt in demokratischen Sportstrukturen nun mal jeder Verband diejenigen Führungskräfte, die er bzw. seine Mitglieder verdient/en (bzw. gewählt haben). Und solange, wie sich in Vereinen, Kreisen, Bezirken, Verbänden usw. nur ein kleiner Bruchteil der Mitglieder überhaupt um die Aufgaben und Arbeit übergeordneter Instanzen interessiert (geschweige denn bereit ist, mitzuarbeiten), wird sich am prinzipiellen Mangel von (fähigen) Mitarbeitern, egal auf welcher Ebene, nichts ändern. Das Problem heißt nämlich überhaupt nicht Führung, sondern Motivation - und hier ganz konkret, die Motivation über das eigene Training, die eigene Mannschaft und den eigenen Verein hinaus ehrenamtlich tätig zu werden bzw. sich zu engagieren.

Zitat:
Auf diese Weise kommt die Führungskraft selbst als mögliche Ursache für demotivierte Mitglieder, Mitarbeiter und Spieler aus dem Schussfeld
Hier ist nun also die Führungskraft für die fehlende Motivation der Mitglieder verantwortlich. Vorher war noch die Motivation der Vereine die "natürliche Ordnung"! Das verstehe wer will; ich nicht.

Zitat:
Aus welchem Grund sollte sich nicht die Breitensportbeauftragte des DTTB beispielsweise einmal ein Bild von der Basisarbeit aus ganz Deutschland machen, ohne eine "mini-Meisterschaftsveranstaltung"?
Warum sollte sie das tun? Wäre es nicht viel eher Aufgabe derjenigen, die ohne mini-Meisterschaften erfolgreiche Basisarbeit betreiben, die Breitensportbeauftragte auf ihre Erfolge hinzuweisen?


Zusammenfassend will ich festhalten, dass deine umfassenden Ausführungen m.E. auf zwei genauso einfachen wie populistisch-beliebten Aussagen basieren, die sich auf Sportebene genauso wie auf Politik beliebig übertragen lassen, deshalb aber nicht "wahrer" werden:
1. Die da oben (Politiker, Verbandsfunktionäre) sind an allem Übel Schuld und haben keine Ahnung wie sie ihre Aufgaben zu erledigen haben (deshalb müssen sie "zu führen" lernen)
2. Dafür zocken sie uns auch noch ab (siehe Ordnungsgebühren)

Das erscheint mir irgendwie ein bißchen wenig!

Grüße
hans-claus
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