Achterliga, nein danke! Kommentar zur Bewerbung des TTC indeland Jülich



Nachfolgend ein Kommentar eines Mitarbeiters des News-Teams von TT-NEWS zur aktuellen Situation in der TTBL und zu ihren Perspektiven angesichts der lauter werdenden Forderungen nach einer Achterliga. Es handelt sich um einen Anstoß zur Diskussion und ist nicht gleichzusetzen mit einer „offiziellen“ Meinung von TT-NEWS:

Es wäre sehr zu begrüßen, wenn mit Jülich ein namhafter Klub ins Oberhaus zurückkehren würde, der das Gesicht des Mannschaftstischtennis in Deutschland über Jahrzehnte mitgeprägt hat.

Generell sollten wir uns über aufstiegswillige Vereine freuen angesichts einer auf acht Mannschaften geschrumpften Eliteliga, die nicht zu Unrecht immer noch als stärkste Spielklasse Europas gilt und von der sogar manche Chinesen in den höchsten Tönen reden, wenn man mit ihnen am Rande großer Turniere ins Gespräch kommt.

Unbestritten, es ist noch (!) eine Liga mit Weltruf. Damit das so bleibt, muss dort Leben sein und echter Wettbewerb herrschen, es darf nicht nur ein Kampf um Play-off-Plätze und um das Privileg, den Düsseldorfern vielleicht einmal ein Bein stellen zu dürfen, sein – es muss auch wieder einen Abstiegskampf und es muss Bewegung zwischen 1., 2. und – ab 2014/15 – 3. Ligen geben. Demgemäß sollte die TTBL-Leitung in Fulda intensiver als bisher über Wege nachdenken, die Hürden für interessierte Vereine aus dem „Unterhaus“ nicht in schwindelnder Höhe zu belassen.

Die Rückzüge von Hanau und Herne, ohne Zweifel maßgeblich selbstverschuldet, waren übel genug für das Gesamtkonstrukt Tischtennis-Bundesliga. Da – wie man hört – ein weiterer Erstligist finanziell wackelt und vermutlich kein weiteres Jahre im Oberhaus riskieren wird, ist frischer Wind von unten unabdingbar.

Eine Achter- oder irgendwann möglicherweise sogar Sechserliga, die vielleicht in zwei Blöcken von je vier Wochen ihre ganze Saison ausspielt, ist nicht mehr attraktiv und hat mit echtem, prickelnden Mannschaftssport nichts mehr zu tun. Hier teilt das News-Team nicht die Auffassung des Magazins „tischtennis“, das in seiner letzten Ausgabe ein feuriges Plädoyer für eine Reduzierung auf acht Teams vorgelegt hat.

Die Bundesliga, nun bald 50 Jahre ein Markenzeichen für gehobenen Tischtennissport, kann nur an Attraktivität zurückgewinnen, wenn es Privileg und Anreiz ist, dort im „Klub der Giganten“ mitmischen zu dürfen. Es wäre großartig, wenn die Jülicher zurückkämen und ambitionierte Zweitligisten wie Mühlhausen, so gut wie sicherer Südmeister, und Pokalhalbfinalist Velbert, der sich in Stuttgart bundesweit einen Namen gemacht hat, ihre diesbezüglichen Pläne in die Realität umsetzen würden. Jülich, als Traditionsverein eine echte Hausnummer im deutschen Tischtennissport, und dazu frische, hungrige Newcomer wie Mühlhausen oder Velbert – das wäre eine tolle Mischung und würde die TTBL aufwerten.

Tischtennis ist nicht nur Einzelsport, auch und gerade als Mannschaftssport betrieben erhält er eine besondere Würze und bedient das emotionale Element intensiv. Es ist eben ein Unterschied, ob gerade 24 vorzügliche Spieler an zwölf Tischen gleichzeitig auf der World Tour spielen, jeder letztlich für sich alleine, und der Zuschauer die Hälfte der Resultate gar nicht registrieren kann, oder ob es in einem Mannschaftskampf an einem oder maximal zwei Tischen auf des Messers Schneide steht, einzelne Akteure über sich hinauswachsen, die gesamte Bank bei jedem Punktgewinn ihres Mannes aufspringt und es 500 Zuschauer vor Begeisterung nicht auf den Stühlen hält – keine Fiktion, sondern oft genug eben genau so in der Bundesliga erlebt.

Auch der DTTB und andere Verbände können von einer intakten Ersten Liga nur profitieren, sichert diese doch als Arbeitgeber die Existenz der gegenwärtigen und zukünftigen Nationalspieler, die sich mit Preisgeldern und Ausrüsterverträgen alleine nur schwer über Wasser halten könnten.

Doch es muss „Leben in der Bude“ sein. Es reicht nicht, wenn einige wenige, hochprofessionell aufgestellte Klubs wie Düsseldorf und Ochsenhausen alleine das Gesicht der Liga prägen. Mindestens zehn, besser eigentlich zwölf Vereine sollten dabei sein, die natürlich versuchen müssen, sich zu entwickeln und dauerhaft tragfähige Strukturen aufzubauen, was in Hanau und Herne eben gründlich misslang.

Von den genannten beiden Vereinen, die vielleicht nicht rein zufällig gegenwärtig die Plätze eins und zwei in der TTBL-Tabelle einnehmen, kann man – vielleicht in kleinerem Rahmen und bescheidenerem Stil – durchaus lernen, etwa welche Wege man beschreiten und wie man Sponsoren überzeugen kann.

Also: Nur Mut, Jülich, Mühlhausen, Velbert ….!