Spannung vor dem Saisonfinale: Jülich zwischen 1. und 3. Liga



In einer eigentümlichen Situation befindet sich derzeit der TTC indeland Jülich.Man könnte sich 2018/19 in der TTBL wiederfinden oder in der 3. Liga. Oder Zweitligist bleiben. Am Wochenende fällt die sportliche Entscheidung, ob der Aufstieg ins Oberhaus überhaupt eine Option bleibt.

Neben den zehn aktuellen Bundesligisten hatte sich bekanntlich auch der derzeitige Zweitliga-Neunte ttc indeland Jülich um die Lizenz beworben. Vor einigen Wochen hat die Gesellschafterversammlung der TTBL in Fulda entschieden, dem Verein keine  Wildcard zu erteilen. Die sportliche Qualifikation bleibt damit das entscheidende Kriterium, was bedeutet, dass der Aufstiegs-Aspirant am Ende der Saison keinen Abstiegsplatz belegen darf. Die Auffüllregelung der TTBL-Spielordnung, die die Aufstockung auf die Sollstärke von zwölf Mannschaften regelt, sieht einen Aufstieg nämlich nicht vor, wenn der Bewerber den Klassenerhalt in seiner Liga verfehlt.

Der langjährige frühere Erstligist aus der Grenzregion im äußersten Westen – von 1977 bis 2010 gehörte Jülich der deutschen Eliteliga an – ist massiv abstiegsgefährdet und steht vor dem letzten Spieltag mit einem Fuß in der 3. Liga. Trotz einer guten Rückrunde mit bisher 10:6 Zählern ist man vor dem finalen Showdown mit 14:20 Punkten Vorletzter – die Vorrunde war eben zu miserabel. Zwar hat man letzten Sonntag den 1. FC Köln durch einen 6:4-Auswärtserfolg vor immerhin 240 Zuschauern endgültig abgeschüttelt, doch der Rivale um Platz 8, der FSV Mainz 05, war noch besser drauf und sammelte drei Punkte auf seinem Bayern-Trip ein.

Die Rheinhessen, in Bestbesetzung unterwegs, erkämpften zunächst ein Remis in Passau. Sogar ein Sieg war drin, da man nach fünf gespielten Matches mit 4:1 in Front lag. Tags darauf gelang dann der eigentliche Coup mit einem überragenden 6:2 im Hexenkessel von Hilpoltstein vor fast 400 erstaunten Fans aus Mittelfranken.

Die Tabellensituation in der 2. Liga ist nunmehr etwas kompliziert: Während der 1. FC Köln als Tabellenletzter und damit erster Absteiger feststeht, ist noch nicht anschließend klar, was auf den Rängen davor passiert. Jülich wäre Stand jetzt der zweite Absteiger, hat aber die Lizenz für die 1. Liga beantragt, auf die man nur eine Chance besitzt, wenn man noch Achter wird – und damit vor den Mainzern landet.

Deren Cheftrainer Chris Pfeiffer geht nach Rücksprache mit dem DTTB von folgendem Szenario aus: Werden die 05er Achter, muss Jülich als Neunter in die Relegation. Werden seine Jungs aber Neunter, sind sie gerettet, weil Jülich dann nächste Saison in der TTBL ran dürfte, vorausgesetzt, der Klub aus dem westlichen NRW fällt nicht durch die Wirtschaftlichkeitsprüfung – in diesem Fall bliebe der TTC zweitklassig. „Laut meinen bisherigen Infos vom Verband ist die Sache durch“, beschreibt Pfeiffer die Mainzer Situation, will sich aber nochmals von offizieller Seite vergewissern, bevor er den Tag vor dem Abend lobt.

Ein Ligaverbleib über die Relegation nützt Jülich zumindest in Hinblick auf das angestrebte Projekt TTBL nichts. Man braucht Platz 8 und muss dazu am Sonntag den Tabellensiebten TTC Frickenhausen schlagen, der sich nach der Saison aus dem Profisport verabschieden wird. Doch haben weder die Jülicher noch die Mainzer etwas vom Rückzug der Württemberger.

Bei einem Jülicher Sieg über Frickenhausen blieben die Schwaben (aktuell 16:16 Punkte), am Samstag auch noch bei Ligaprimus Saarbrücken im Einsatz, dennoch im grünen Bereich, denn ihre Spieldifferenz kann von Allegro und Co. nicht mehr eingeholt werden. Gewinnt Jülich, muss auch Mainz (15:19) im Heimspiel gegen Bad Hamm punkten, denn Vorletzter werden will man, trotz des skizzierten Szenarios, auf keinen Fall. Bei einem Mainzer Remis und einem Jülicher Sieg käme die Differenz der Spiele zum Tragen – momentan liegt Mainz bei -12 und Jülich bei -16. Bei einem Mainzer Unentschieden müsste Jülich also schon 6:1 gegen Frickenhausen gewinnen.

Gewinnen die 05er jedoch, ist für die Jülicher der Traum von der TTBL definitiv ausgeträumt, da sie dann auf Platz 9 bleiben. Dann ginge es nur noch darum, via Relegation zweitklassig zu bleiben und nicht in die 3. Liga durchgereicht zu werden.

Oben kommt keine Spannung mehr auf. Saarbrücken II steht längst als Meister fest, kann aber nicht aufsteigen. Und ob Bad Homburg oder Dortmund Zweiter wird – beide treffen direkt aufeinander – oder ob sich eventuell sogar noch Bad Hamm an beiden vorbei mogelt, ist nur noch für die Statistik von Bedeutung.

Aber unten dürfte es ein Herzschlag-Finale geben. Die mit Martin Allegro, Brian Afanador, Tobias Rasmussen und Aliaksandr Khanin international besetzte Jülicher Truppe, die es sogar ins Pokal-Viertelfinale geschafft hatte, will alles versuchen, doch noch den großen Wurf zu bewerkstelligen – aus eigener Kraft aber können sie das nicht mehr packen. Selten kam es vor, dass für einen Verein vor dem letzten Spieltag zwischen 1. und 3. Liga alles drin ist. Man darf gespannt sein.


Text: Dr. Stephan Roscher

Foto: TTC indeland Jülich