Ovtcharov und Boll im Viertelfinale von Chengdu



Deutschlands Topstars Dimitrij Ovtcharov und Timo Boll haben sich von den Wirren um Liu Guoliang und dem Protest ihrer chinesischen Kollegen überhaupt nicht beeindrucken lassen und sind einträchtig ins Viertelfinale der China Open eingezogen.

Ihre Chancen auf einen Turniersieg sind nun natürlich exorbitant gestiegen – so ehrlich muss man sein, das auszusprechen, auch wenn es ein sportlich entwerteter Tour-Sieg wäre. Andererseits sind noch sechs Konkurrenten auf Augenhöhe im Wettbewerb, gegen die man ohne weiteres auch verlieren kann. Deswegen wenden wir uns lieber wieder der Gegenwart zu. 

Während sich in der Halle eine Revolution abspielte und drei Tische demonstrativ ungenutzt blieben, gingen Dima und Timo in ihren Achtelfinals gegen keineswegs schwache Gegner konzentriert zu Werke und wurden – angefeuert von vielen chinesischen Fans – belohnt. Ovtcharov wies nach 0:2-Satzrückstand Düsseldorfs Schweden Kristian Karlsson mit 4:2 (9:11, 9:11, 11:6, 11:6, 11:4, 12:10) in die Schranken. Einen Gegner, gegen den er auch schon verloren hat, so beim World Cup 2016 in Saarbrücken. Und Timo Boll hatte es mit dem baumlangen Ägypter Omar Assar zu tun, der ab der kommenden Saison den SV Werder Bremen verstärken wird. Auch hier waren sechs Durchgänge angesagt, von denen die, die der Odenwälder gewann, recht einseitig verliefen (11:7, 9:11, 11:4, 11:4, 7:11, 11:3). Aber Assar gilt nicht zu Unrecht als großer Kämpfer, der immer dann zurückkommt, wenn sich eine erkennbare Chance bietet – und die bot sich eben auch in jenem Match zweimal. 

Beide DTTB-Asse bekommen es in den Viertelfinals am Samstag mit „Kampflosen“ zu tun, die aufgrund des Abschenkens ihrer chinesischen Kontrahenten eine Runde weiter kamen. Leicht wird es dewegen gewiss nicht. Ovtcharov muss den unberechenbaren Japaner Yuya Oshima aus dem Weg räumen – der 23-jährige Weltranglisten-26., überdies einer der weltbesten Doppelspieler, spielt schwächere und dann wieder phänomenale Turniere, wo man ihn kaum stoppen kann. Dima sollte hellwach sein. Timo Boll schlägt gegen den Koreaner Kim Donghyun auf. Der 23-jährige Südkoreaner, im ITTF-Ranking nur auf Platz 96 geführt, ist Außenseiter und kann frei aufspielen. Auch Boll sollte auf der Hut sein. Immerhin hat der ungesetzte Asiate in der 1. Hauptrunde keinen Geringeren als Ochsenhausens Weltranglisten-16. Simon Gauzy in sechs Sätzen ausgeschaltet.

Die restlichen Viertelfinal-Begegnungen (Herren Einzel)

Wong Chun Ting HKG  – Masaki Yoshida JPN

Tomokazu Harimoto JPN – Koki Niwa JPN 

Seriöses Doppel?

Im Finale des Herren-Doppels stehen sich am Sonntag zwei Japan-Formationen gegenüber. Tomokazu Harimoto und Yuto Kizukuri duellieren sich mit Jin Ueda/Maharu Yoshimura. 

Im Viertelfinale hatten die Top-Favoriten Ma Long/Zhang Jike gegen die Schweden Kristian Karlsson/Jon Persson am Freitag abgeschenkt. Fan Zhendong/Xu Xin, denen man ebenso den Titelgewinn zugetraut hätte, gewannen zwar ihr Viertelfinale (gegen Ho Kwan Kit/Wong Chun Ting) noch, unterlagen kurz darauf jedoch im Halbfinale Harimoto/Kizukuri nach zwei locker gewonnenen Durchgängen noch mit 12:14 im 5. Satz. Ob hier seriös gespielt wurde, vermögen wir nicht zu entscheiden. 

Sun Yingsha erneut auf Erfolgskurs 

Bei den Damen gab es keinen Anlass zum Streik. Die Favoritinnen haben das Viertelfinale erreicht. Berlins Shan Xiaona zog im Achtelfinale nicht unerwartet gegen Japans Weltranglistensechste Kasumi Ishikawa den Kürzeren. Beim 1:4 (7:11, 11:9, 5:11, 10:12, 5:11) war Shan nur in zwei Durchgängen auf Augenhöhe. 

Auch in Chengdu mischt die 16-jährige Japan-Open-Siegerin Sun Yingsha munter mit. Die ungesetzte Chinesin, die sich in der Qualifikation warmspielen konnte, warf im Hauptfeld bisher zwei keineswegs schwache Spielerinnen, jeweils ohne Satzverlust, raus. Sie schlug ungefährdet die 21-jährige Hongkongchinesin Doo Hoi Kem (WRL 17), die im März bereits auf Platz 10 der Weltbestenliste vorgedrungen war, sowie die ebenfalls 21-jährige Japanerin Sakura Mori (WRL 35), die in der 1. Runde keine Geringere als Han Ying aus dem Turnier befördert hatte. Nun muss Sun gegen die Weltranglistenvierte Feng Tianwei (Singapur) ran, aber auch die hat sie erst vor einer Woche in Tokio geschlagen.

 

Im Damen-Doppel ist alles fest in chinesischer Hand. Die Finalpaarung am Sonntag lautet Ding Ning/Liu Shiwen vs. Chen Meng/Zhu Yuling. Ding/Liu hatten übrigens im Viertelfinale kein leichtes Spiel mit Han Ying und Shan Xiaona, zumindest in den Sätzen zwei und drei nicht (11:4, 12:10, 15:13). 

Die restlichen Viertelfinal-Begegnungen (Damen Einzel) 

Ding Ning CHN – Miu Hirano JPN

Chen Meng CHN – Zhu Yuling CHN

Kasumi Ishikawa – Liu Shiwen CHN 

U21: Japan rules  

Bei den U21-Junioren hat der Japaner Yuto Kizukuri, der im Viertelfinale überraschend den topgesetzten Ochsenhausener Yuto Muramatsu ausschaltete, das Turnier gewonnen. Im umkämpften innerjapanischen Endspiel setzte sich Kizukuri gegen den künftigen TTBL-Spieler Mizuki Oikawa (TSV Bad Königshofen) mit 3:2 (8:11, 11:5, 11:6, 6:11, 11:9) durch. 

Der weibliche U21-Titel ging – ebenfalls nach einem Japan-Duell, Chinesinnen waren nicht am Start – an Maki Shiomi, die Kyoka Kato mit 3:1 (4:11, 11:7, 11:5, 12:10) besiegte. 

China Open auf der Webseite der ITTF 

 

Text & Foto Ovtcharov/Boll: Dr. Stephan Roscher

Foto Sun Yingsha: ITTF